»Die Wohnungspolitik ist eine Großbaustelle«

Verbändebündnis tritt Bundesbauminister Ramsauer auf die Füße

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Sie sind längst nicht immer einer Meinung: Vermieter und Mieter, Baugewerbe und Baugewerkschaft. Dass sie sich dennoch gemeinsam zu Wort melden, ist einem einzigen Umstand geschuldet - der Wohnungskrise.

Ungewöhnlich für einen normalen Presseauftritt ist nicht nur, dass gleich neun Vortragende auf dem Podium Platz genommen haben. Ungewöhnlich vor allem ist, dass sie ins gleiche Horn blasen: Die Lage auf den Wohnungsmärkten, insbesondere in den Ballungszentren, ist katastrophal. Das Verbändebündnis Wohnungsbau - dem IG BAU, Mieterbund, Baugewerbe, Baustofffachhandel, Mauerwerks- und Wohnungsbau sowie Wohnungs- und Immobilienunternehmen angehören - schlug parallel zur Bundestagsdebatte zum gleichen Thema Alarm. Das freilich nicht, ohne einem Mantra gleich, in jedem einzelnen Beitrag fast erleichtert zu würdigen, dass die sich zuspitzende Wohnungskrise offenbar inzwischen auch bei Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) angekommen sei. Nur hat der sich bislang nicht zu mehr als Ankündigungen - zum Teil bis nach der Bundestagswahl im Herbst - aufraffen können.

»Die Wohnungspolitik ist eine Großbaustelle in Deutschland, aber eine, auf der viel zu wenig passiert, auf der gar nicht oder nicht ausreichend gearbeitet und gebaut wird - eine Großbaustelle, auf der es bisher an Koordination, Ideen und konkreten Zielsetzungen mangelt«, fasst Mieterbunddirektor Lukas Siebenkotten den Befund des Zweckbündnisses zusammen, der sowohl für Ramsauer als auch dessen Politikerkollegen in Ländern und Kommunen wenig schmeichelhaft ist.

Fakt ist: Bezahlbare Wohnungen in Großstädten und Metropolenregionen, in denen schon heute die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung lebt, sind Mangelware - derzeit fehlen 250 000. Zu wenig neue Wohnungen entstehen trotz wachsender Nachfrage, die Zahl der Sozialwohnungen sank in den letzten 20 Jahren von 4 auf nicht mal mehr 1,6 Millionen, die Mieten steigen drastisch an, die Wohnkostenbelastung ist auf Rekordniveau. Eine vom Verbändebündnis in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Ankurbelung des Sozialen Wohnungsbaus zwar dringend nötig ist, aber längst nicht mehr ausreicht, um genügend bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen. Ohne eine Aktivierung des Wohnungsbaus für mittlere Einkommensschichten könne, so das Berliner Forschungsinstitut RegioKontext, die Krise nicht bewältigt werden.

Die politischen Rahmenbedingungen in der Wohnungs- und Städtebaupolitik stimmten nicht mehr. Die verantwortliche Politik habe weitgehend versagt, bringt es IG BAU-Chef Klaus Wiesehügel auf den Punkt. Sagt auch, dass Wohnungsbaupolitik zur Chefsache gemacht werden müsse. Dass er dabei weniger Peter Ramsauer im Auge hat, offenbart seine andere Bemerkung: »Eine neue Wohnungs- und Städtebaupolitik für Deutschland wird spätestens ab Herbst zwingend notwendig.«

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