Schulrebellion wird Fall für Bundesverfassungsgericht

Protestaktion im sächsischen Seifhennersdorf läuft weiter

  • Lesedauer: 2 Min.
In den Streit um die Seifhennersdorfer Mittelschule wird jetzt das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet. Es soll prüfen, ob Sachsens Schulgesetz mit der Verfassung vereinbar ist. Am Protestunterricht im sächsischen Seifhennersdorf nehmen derzeit noch 13 Schüler teil.

Seifhennersdorf (dpa/nd). Die Mittelschule in Seifhennersdorf (Sachsen) wirbt für das kommende Unterrichtsjahr um neue Fünftklässler. Die Einrichtung hat für heute zum Tag der Offenen Tür eingeladen und hofft auf ausreichend Anmeldungen, sagte Schulleiterin Rita Schmidt der dpa. Die Schule besuchen offiziell insgesamt 66 Schüler in der achten, neunten und zehnten Klasse. Ohne Erlaubnis des sächsischen Kultusministeriums gibt es dort zudem »Protestunterricht« für derzeit noch 13 Kinder in der fünften Klasse, wie Bürgermeisterin Karin Berndt (parteilos) sagte.

Mit der seit Herbst andauernden Protestaktion will die Stadt den behördlich verfügten Wegfall der Klassenstufe fünf verhindern. Die teilnehmenden Schüler, die eigentlich andernorts lernen sollen, haben Medienberichten zufolge keine offiziellen Halbjahresnoten erhalten. Dafür wurde den Kindern von den Schulen, die sie besuchen müssten, 88 Fehltage bescheinigt. Demnach drohe ihnen, dass die Versetzung in die nächste Klassenstufe verweigert werde.

Gestern hatte das Verwaltungsgericht Dresden mitgeteilt, das Bundesverfassungsgericht werde eingeschaltet. Es solle prüfen, ob Sachsens Schulgesetz mit der Verfassung vereinbar sei. Die Stadt Seifhennersdorf hatte beim Verwaltungsgericht gegen den 2005 beschlossenen Schulnetzplan des Landkreises Görlitz geklagt. Darin ist Seifhennersdorf nur mit einer Grundschule und einem Gymnasium berücksichtigt. Als Standorte für Mittelschulen wurden Großschönau, Oderwitz und Ebersbach-Neugersdorf festgelegt. Seifhennersdorf sieht darin einen Eingriff in die per Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung. Das Verfahren wird nun ausgesetzt, bis das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden hat, hieß es.

An der Mittelschule in Seifhennersdorf durfte zu Beginn des laufenden Schuljahres keine fünfte Klasse gebildet werden, weil dafür nur 38 anstatt der geforderten 40 Anmeldungen vorlagen. Anstatt ihre Kinder in Schulen umliegender Orte zu schicken, organisierten betroffene Eltern den Unterricht mit pensionierten und freiberuflichen Lehrern selbst.

Die Stadt hatte darauf gehofft, dass die ungewisse Lage eher beendet wird. Schulleiterin Schmidt wünscht sich, dass wenigstens eine fünfte Klasse an ihrer Einrichtung wieder offiziell unterrichtet werden könnte, wie es das sächsische Moratorium zum Schutz bestimmter Mittelschulen auf dem Lande vorsieht. Da der Unterricht für die fünfte Klasse in Seifhennersdorf illegal ist, hatte das Landratsamt im Oktober Bußgeldbescheide an 17 Elternhäuser verschickt. Bisher habe keiner der »Schulrebellen« die geforderten Beträge von insgesamt 575 Euro gezahlt, hieß es.

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