Pest oder Cholera
Steffen Schmidt über die beabsichtigte Schließung von Asse II
Das »Versuchsendlager« Asse taugt inzwischen eigentlich nur noch als Symbol des Scheiterns der Endlagerpläne, mit denen die wechselnden Bundesregierungen die Illusion einer sicheren Entsorgung des wachsenden Bergs von Atommüll über Jahrzehnte aufrechtzuerhalten versuchten. Durch den angeblich trockenen Salzstock strömt das Wasser, viele der Behälter in dem einstigen Bergwerk lecken und neben dem vorgesehenen schwach und mittelstark strahlenden Müll ist auch einiges an stärker strahlenden Substanzen dort gelandet. Der ganze Dreck soll nun wieder dort raus und nach dichter Neuverpackung dereinst an einem wirklich sicheren Ort endgelagert werden. So weit, so gut. Doch bislang weiß keiner genau, wie viele der Müllfässer inzwischen undicht sind und wie viel Strahlung dabei frei wird. Das nun verabschiedete Asse-Gesetz schafft für die Räumung Sonderrecht. Denn dafür sollen einige Regelungen des Genehmigungsrechts und einige Strahlenschutzregelungen gelockert werden, damit die Räumung der Schachtanlage so schnell wie möglich beginnen kann.
Angesichts der in der Salzbrühe im Schacht bereits nachgewiesenen radioaktiven Spuren aus den Müllfässern mutet die Alternative Räumung oder Verschluss tatsächlich wie die Wahl zwischen Pest und Cholera an. So klar für die Anwohner der Schachtanlage ist, dass die Rückholung des Atommülls keiner Rechtfertigung bedarf, so unsicher dürfte dies für die sein, die die Fässer tatsächlich dort rausholen sollen.
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