Erst der Vergleich macht sich bezahlt

Honorar oder Provision? (Teil 2 und Schluss)

  • Lesedauer: 4 Min.
Provisionsgier und Falschberatung? Dagegen hilft nur die Beratung gegen Honorar! Diese Hoffnung hegen viele Verbraucherschützer, Politiker und Fachleute. Doch ein Wundermittel gegen alle Übel von Finanzgeschäften kann auch die Beratung nicht sein.

Eine Honorarberatung ist mittlerweile eine Dienstleistung, die sich nicht nur Reiche leisten können. Doch 300 bis 500 Euro gelten für eine ausführlichere Beratung als üblich. Nicht selten werden 2000 Euro und mehr für mehrstündige Sitzungen verlangt, in denen beispielsweise eine langfristige Altersvorsorgestrategie entwickelt wird. Schließlich wollen auch Honorarberater (gut) leben. Daher ist Honorarberatung nicht per se preiswerter für den Kunden als eine Vermittlung, die von Verkaufsprovisionen lebt.

Die Hoffnung der Befürworter ist, dass eine Honorarberatung fairer, weil unabhängig von Produktanbietern und Verkaufsprovisionen ist. Dazu kommt, dass die meisten Provisionsberater nur auf bestimmte Produkte und bestimmte Anbieter zurückgreifen können. Ein Honorarberater sollte dagegen das ganze Füllhorn des Marktes vor seinem Klienten ausschütten. Das setzt eine hohe Qualifikation des Beratenden voraus. Gesetzlich geregelt ist in diesem Bereich jedoch wenig.

Doch auch unter den Honorarberatern gibt es solche und solche, gesteht ein Insider: »Honorarberatung ist für sich genommen noch kein Qualitätsmerkmal.« Der erfahrene Honorarberater berät pro Jahr bis zu 300 Klienten. Es gebe auch schlechte Honorarberater - und gute Provisionsvermittler.

Mittlerweile hat das Thema »gute Beratung« auch die Politik erreicht. Bankberater und Versicherungsvermittler müssen eine bestimmte fachliche Qualifikation vorweisen, die Bedürfnisse des Kunden im Gespräch ermitteln (»Will er riskante oder sichere Geldanlagen?«), müssen ein Protokoll führen und im Extremfall sogar für eine Falschberatung haften. Trotz einiger bedenklicher Lücken setzte die Politik so verbindliche Mindeststandards.

Bereits Ende März 2012 hatte der Bundesrat obendrein die Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) verabschiedet. Sie nimmt auch den grauen Markt der Finanzvermittler an die Kandare. Im Dezember brachte die Bundesregierung nun auch noch ein Gesetz auf den Weg, mit dem die Honorarberatung gestärkt und erstmals speziell reguliert werden soll. Das Gesetz könnte noch vor der Bundestagswahl im Herbst verabschiedet werden. Die Opposition im Bundestag, Verbraucherschützer und Honorarberater beklagen auch hier Lücken und fordern höhere Standards für die Qualität der Beratung.

Beratung zum Nulltarif gibt es nicht

Die Beratung in einer Bank - die eigentlich ein Verkaufsgespräch ist - durch einen Versicherungsvertreter oder einen Finanzdienstleister scheint üblicherweise kostenlos zu sein. Nun ist bekanntlich nichts im Leben umsonst. Doch erst wenn man ein Produkt kauft, verdient beispielsweise die Bank und erhält der Verkäufer seine Provision. Kommt kein Abschluss zustande, verdient er nichts. Übrigens zahlt in diesem gängigen Modell letztlich derjenige, der einen Vertrag abschließt, für andere gleich mit, die nicht kaufen.

Eine Honorarberatung funktioniert anders als solche Vermittlungsgespräche. Der Berater vereinbart mit jedem Kunden für seine Dienstleistung vorab ein Honorar. Das Honorar wird pauschal oder stundenweise berechnet und muss in jedem Fall gezahlt werden, auch wenn es letztlich zu keinem Produktkauf kommt. Im Gegenzug zahlt der Kunde idealerweise keine Provision. Allerdings wird der Berater (der selber ja keine Produkte vertreibt) gegebenenfalls für Sie Produkte einkaufen. Etwaige Provisionen, die ein Anbieter an den Berater als Vermittler zahlt, sollte er dann an Sie weiterreichen.

In der Praxis gibt es noch ein Kombimodell aus beiden Welten: Berater, die Honorare und Provisionen kombinieren. Manche verlangen nur dann ein Honorar, wenn der Kunde keine Anlage- oder Finanzierungsverträge abschließt. Ansonsten kassieren diese »Berater« die Provision. Andere berechnen einen geringen Festpreis, den sie gegebenenfalls durch Provisionen aufstocken.

Am einfachsten finden Verbraucher einen Berater, wenn sie in eine Internetsuchmaschine den Begriff »Honorarberatung« und die jeweilige Region eingeben. Suchhilfen bieten auch Verbände der Honorarberater, wie die Deutsche Gesellschaft für Finanzplanung in Bad Homburg oder der Bundesverband Finanz-Planer in Oldenburg. Achten Sie bei der Suche darauf: Nicht jeder »Anlageberater« oder »Finanzplaner« ist auch wirklich ein lupenreiner Honorarberater.

Honorarberatung bieten zudem Dritte an, beispielsweise spezialisierte Fachanwälte und Steuerberater sowie einige Banken und Sparkassen. Wohl am preiswertesten beraten die Verbraucherzentralen: Beispielsweise kostet eine persönliche, zweistündige Beratung in Baden-Württemberg etwa zur Altersvorsorge oder Immobilienfinanzierung 160 Euro. Damit dürfte allerdings ein umfassender Beratungsbedarf nicht in jedem Fall abgedeckt sein.

Unverbindliche Angebote einholen lohnt sich

Verbrauchern empfiehlt sich, wie bei der Suche nach einer »guten« Bank oder der Suche nach einem Rechts- oder Steueranwalt vorzugehen: Suchen Sie zumindest zwei, drei Berater unverbindlich auf, bevor Sie sich entscheiden. Es kann sich außerdem lohnen, Angebote von (provisionsabhängigen) Vermittlern einzuholen, etwa bei Ihrer Bank, und diese mit den Vorschlägen aus einer Beratung auf Honorarbasis zu vergleichen.

Eine Honorarberatung lohnt sich jedoch für die notwendigen Finanzprodukte des Alltags kaum. Um eine Haftpflicht- oder eine Risikolebensversicherung für eine junge Familien abzuschließen oder ein Girokonto zu eröffnen, genügen der Blick auf einige Testergebnisse und - wer es preisgünstig möchte - der Abschluss im Internet. Doch schon bei einer (teuren) Berufsunfähigkeitsversicherung oder einer Kapitallebensversicherung kann sich eine gute Beratung letztlich auszahlen. Sind bei der einen die Konditionen sehr unterschiedlich, sind es bei der anderen die Renditen der einzelnen Anbieter;. In mancher Altersvorsorgestrategie sollte ganz auf sie verzichtet werden. Besonders bei Baufinanzierungen können sich selbst hohe Honorare bald bezahlt machen.

Hermannus Pfeiffer

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