NLD will in Myanmar regieren

Partei Aung San Suu Kyis bleibt jedoch viele Antworten schuldig

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Drei Tage dauerte der erste Parteitag der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), der größten Oppositionspartei Myanmars (Burma). Aung San Suu Kyi wurde von den 900 Delegierten als Parteichefin demokratisch bestätigt. Ein neuer Aufbruch blieb indes aus.

Geschätzte 1,2 Millionen Mitglieder zählt die NLD, die unter ihrer charismatischen Führerin die namhafteste Gegenkraft des Militärregimes war. Die meisten derer, die die Partei 1988 im Zuge der studentisch angeführten ersten demokratischen Revolte gegründet haben, sind sichtbar in die Jahre gekommen. Suu Kyi selbst ist 67, einige ihrer Getreuen in der Führung haben die 70 schon deutlich überschritten. Wie an ihr die Jahre des Hausarrests sind an anderen lange Haftstrafen nicht spurlos vorübergegangen. Sämtliche sieben Mitglieder der alten NLD-Spitze gehören auch zur neuen, die allerdings auf 15 Mitglieder erweitert wurde. Das eröffnete die Möglichkeit des Einzugs von mehr Frauen und Vertretern ethnischer Minderheiten des südostasiatischen Vielvölkerstaates. Von einem Generationswechsel in der Führung kann jedoch bisher nicht die Rede sein.

Kein Zweifel hatte daran bestanden, dass die Friedensnobelpreisträgerin als Frontfrau bestätigt werden würde. Kaum eine andere Person verfügt über ähnliche Ausstrahlung und Autorität, ein möglicher Nachfolger ist nicht in Sicht. Zudem fehlt es der NLD an einem klaren Profil.

Seit die Partei um ihren Sieg bei den Parlamentswahlen 1990 betrogen worden war und ein neuer Militärrat die Macht der Armee zementiert hatte, war der Kampf um demokratische Öffnung das einzige große Thema der NLD. Heute steht die Partei vor vielen drängenden Fragen, die eine Gesellschaft im Umbruch aufwirft. Doch weder zur wirtschaftlichen Ausrichtung - etwa in Bezug auf die ins Land drängenden ausländischen Investoren - noch zu anhaltenden ethnischen Spannungen und separatistischen Tendenzen, noch zur Durchsetzung zivilgesellschaftlicher Rechte und Freiheiten unterbreitet die Partei derzeit konkrete politische Angebote. Die werden aber gebraucht, will sie nach den nächsten Wahlen 2015 Regierungsverantwortung übernehmen.

Derzeit sitzen 43 NLD-Abgeordnete, darunter Suu Kyi, im Parlament. Selbst im Bündnis mit anderen Oppositionellen sind das zu wenige, um der Übermacht der von ehemaligen Offizieren dominierten Regierungspartei USDP und den ernannten Mandatsträgern aus der Armee wirksam Paroli bieten zu können. Auffallend ruhig blieb Suu Kyi, als sich im westlichen Staat Arakan der Konflikt zwischen buddhistischen Rakhine und muslimischen Rohingya verschärfte, als Tausende aus ihren Heimatorten flüchteten. Sie wolle sich nicht auf eine Seite schlagen, ließ die Friedensnobelpreisträgerin auf Reporterfragen zu diesem Thema wissen. Auch zum Konflikt im nördlichen Kachin-Staat schweigt sie. Zwar findet gerade eine weitere Runde von Gesprächen zwischen Regierungs- und Rebellenvertretern in China statt, doch immer wieder flackern die Kämpfe im Grenzgebiet auf.

Selbst die innerparteiliche Freiheit hat offenbar Grenzen. Eine Handvoll unbequemer Parteitagsdelegierter wurde kurzfristig ausgeladen, was nicht nur die Betroffenen erzürnte. Auch Win Tin, NLD-Veteran und 1988 unter den Gründervätern, zeigte sich zutiefst betrübt. Er wisse zwar nichts Konkretes über die Vorwürfe gegen die Ausgeschlossenen, das Verfahren an sich lehne er jedoch als schlechten Umgang mit kritischen Stimmen ab, sagte er Reportern. Zur wiedergewählten Parteispitze gehört übrigens auch Nyan Win, einst Suu Kyis Anwalt, wichtigster Vertrauter und während des Hausarrests ihr Sprachrohr in die Welt.

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