Laternenumzug verpflichtet

Grit Gernhardt über Kristina Schröders Politik

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ist nicht gerade dafür bekannt, besonders fortschrittliche Politik für Eltern und Kinder zu betreiben. Stattdessen fiel sie durch die vehemente Verteidigung des heftig umstrittenen Betreuungsgeldes auf, das bekanntlich auch umgesetzt wurde. Ihre recht vernünftige Forderung nach einem Rechtsanspruch auf die Umwandlung einer Teil- in eine Vollzeitstelle dagegen hat derzeit keine Aussicht auf Erfolg, denn sowohl die Wirtschaft als auch der Koalitionspartner FDP sind dagegen. Die Gründe gleichen sich: Staatliche Regulierungen der Unternehmenskultur seien nicht nötig, ein Umdenken in den Betrieben gelinge auch auf freiwilliger Basis.

Dass solche Selbstverpflichtungen nicht funktionieren, zeigt beispielhaft die immer noch verschwindend geringe Frauenquote in den Vorständen der DAX-Unternehmen. Und auch in Sachen familienfreundlicher Betrieb haben alle Absichtserklärungen bis dato nicht viel gefruchtet. Immer noch lassen sich Kinder und Karriere nur schwer vereinbaren. Die geforderte Flexibilität ist meist eine Einbahnstraße: Der Arbeitnehmer soll sie jederzeit mitbringen, die meisten Firmen aber bieten dafür keine Gegenleistung an. Doch für eine neue Unternehmenskultur hat Frau Schröder schon eine Lösung: Der Chef müsse einfach mal sagen, dass er am Donnerstag keine Zeit für ein Meeting habe, weil er mit seinen Kindern zum Laternenumzug muss. Man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis sich die Wirtschaft freiwillig dazu verpflichtet.

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