- Kommentare
- G20
USA: Peinlicher Angriff
Martin Ling über den US-Boykott des G20-Gipfels in Südafrika
Die USA torpedieren offen den G20-Gipfel in Südafrika: US-Präsident Donald Trump, der seine persönliche Teilnahme am Ende November anstehenden Treffen der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer schon vor geraumer Zeit ausgeschlossen hatte, stellt nun eine US-Präsenz an sich infrage. Zur Begründung wiederholte der Republikaner das Ammenmärchen vom Völkermord an den weißen Bauern in Südafrika: »Solange diese Menschenrechtsverletzungen andauern, wird kein Vertreter der US-Regierung teilnehmen.«
Es gibt fraglos Menschenrechtsverletzungen in Südafrika, einen Völkermord an weißen Bauern gibt es nicht – da sind die Völkerrechtler im Unterschied zu Gaza oder Sudan einer Meinung. Die von Trump beim Besuch des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa im Weißen Haus im Mai vor den Kameras präsentierten »Beweise« wurden längst als Fakes enttarnt. Das Bild mit den Leichensäcken war ein Ausschnitt aus einem Video von Reuters aus der kongolesischen Stadt Goma. Die Aufnahmen der weißen Kreuze stammten zwar aus Südafrika, zeigen aber keine realen Grabstätten, sondern sind ein »Mahnmal« als Warnung vor einem vermeintlich aufziehenden »weißen Genozid«.
Die USA unter Trump interessieren sich nicht für Fakten, ob es um Südafrika oder den Klimawandel geht. Für den Multilateralismus und die G20 ist das ein großes Problem. Die G20 repräsentieren zwar 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, 75 Prozent des internationalen Handels und rund zwei Drittel der Weltbevölkerung. Doch positiv bewegen könnten sie nur etwas, wenn sie an einem Strang ziehen. Die G20-Agenda von Südafrika ist Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit gewidmet. Die Umsetzung hätte einen globalen Kraftakt verdient. In Sicht ist er nicht. Das liegt nicht nur an den USA, aber vor allem. In einer von »Ungleichheiten, Klima-Chaos und tobenden Konflikten erschütterten Welt« ist das eine schlechte Nachricht.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.