Nachweispflicht für Nanomaterialien in Frankreich

Da die Frage der Gesundheitsgefahren ungeklärt ist, wird in einer Petition ein Verbot fordert

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
In Frankreich sollen Hersteller und Importeure von Nanomaterialien diese nun einer Behörde melden. Die möglichen Gefahren sind damit aber nicht gebannt.

Nanotechnologie ist ein vielversprechender Innovationszweig mit vielfältigen Anwendungen beispielsweise in der Nahrungsgüterindustrie, der Kosmetik, der Pharmazie oder der Werkstoffbehandlung. Ein Nanometer ist ein Milliardstel eines Meters. So ist ein menschliches Haar 80 000 Nanometer breit.

Durch diese extrem verkleinerten Partikel mit einer im Vergleich zu ihrem Volumen stark vergrößerten Oberfläche ergeben sich bei vielen Stoffen in Nanoform völlig neue physikalisch-chemische Eigenschaften. Dazu gehören beispielsweise »eine höhere chemische Reaktivität, eine größere biologische Aktivität und ein stärkeres katalytisches Verhalten«, wie der Umweltverband BUND feststellt. Er warnt aber auch: »Die gleichen veränderten Eigenschaften, die Stoffe in Nanogröße so interessant für Forschung und Entwicklung machen, könnten auch neue Gefahren für Gesundheit und Umwelt mit sich bringen. Bisher hinkt die Erforschung der Risiken und Nebenwirkungen der Vermarktung von Nano-Produkten jedoch noch stark hinterher.«

So gibt es keine einheitlichen nationalen oder europäischen Vorschriften über die Erfassung und Kontrolle von Nanomaterial. In der EU-Verordnung REACH über den Nachweis von chemischen Stoffen kommt Nanomaterial überhaupt nicht vor. Kritiker, die dies bemängeln, mahnen auch ein europäisches Register über die Herstellung und Verwendung von synthetischen Nanomaterialien an.

In Frankreich hat man jetzt einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Nachdem bei der Nationalen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Arbeit (ANSES) im vergangenen November eine Studiengruppe »Nanomaterial und Gesundheit« mit unabhängigen Experten aus verschiedenen Fachgebieten gebildet wurde, erließ das Umweltministerium mit Jahresbeginn eine Nachweispflicht. Demnach müssen jetzt erstmals die Unternehmen und Organisationen, die 2012 Nanomaterial von mehr als 100 Gramm pro Jahr hergestellt, importiert oder vertrieben haben, darüber bei der Behörde ANSES Bericht erstatten. Dort werden nicht nur diese Daten gesammelt und verwaltet, sondern auch alle weltweit neuen wissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse über Nanomaterial und seine Wirkungen für Mensch und Umwelt.

Doch diese Vorkehrungen reichen längst nicht aus, um alle Besorgnisse zu zerstreuen. Gegenwärtig werden in Frankreich Unterschriften für eine Petition gesammelt, die an den Gesundheitsminister gerichtet ist und in der der »Gesundheitsskandal« angeprangert wird, dass die Öffentlichkeit im Ungewissen gehalten wird über die bereits bekannten und mehr noch die potenziellen Schäden für die Gesundheit durch Nanomaterial. Die sind allein schon dadurch zu vermuten, dass Nanoteilchen so klein sind, dass sie bequem jede Zellmembran passieren und selbst die Zellkerne durchdringen.

Beispielsweise wird schon das häufigere Auftreten von Nasenbluten oder langandauernder Erkrankungen an Gastroenteritis damit in Zusammenhang gebracht.

In der Petition wird gewarnt, dass Nanomaterialien - ohne dass die gesundheitlichen Konsequenzen abgeklärt wären - heute bereits als Konservierungsmittel in Nahrungsgütern, Babynahrung und Windeln, in Kosmetika, Medikamenten, neuartigen Textilien oder in der von Klimaanlagen umgewälzten Luft vorkommen. Besonders dringend seien Nachforschungen, ob und wieweit Nanomaterial das menschliche Immunsystem schwächen kann. Solange diese Gefahren nicht geklärt seien, sollte Nanomaterial verboten werden, fordert die Petition, und auch danach sollte die Verwendung auf jedem Produktetikett »groß und deutlich vermerkt werden«.

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