»Das Netz muss ausgebaut werden, aber ›Wutbürger‹ verhindern das«

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Die Energiewende gerät in den Medien immer mehr zum Schreckensszenario: zu teuer, zu unsicher, schlecht für den Standort Deutschland. Vor allem die schwarz-gelbe Koalition bläst zur Jagd, um die von einer Mehrheit gewollte Energiewende schlecht zu machen. Was ist dran an den vielen Mythen, Lügen und Argumenten, mit denen die Öffentlichkeit aktuell bearbeitet wird? Die Rosa-Luxemburg-Stiftung stellt den gängigen Behauptungen in einer von Wolfgang Pomrehn verfassten Broschüre Antworten entgegen – was es wirklich auf sich hat mit dem »Armutsrisiko Energiewende?«, lesen Sie hier täglich in einer nd-Reihe.

»Das Netz muss ausgebaut werden, aber ›Wutbürger‹ verhindern das«

Die Behauptung:

Es ist mit starkem Widerstand von Bürgerinitiativen zu rechnen, die sich gegen den Bau von Stromtrassen in ihrem Umfeld wehren werden. Damit droht sich der Netzausbau erheblich zu verzögern, was wiederum die Energiewende verlangsamen würde.

Die Fakten:

Die Bundesregierung hat kurz vor Weihnachten 2012 einen Gesetzentwurf beschlossen, der den Bau von 2.800 Kilometern neuer Stromtrassen und den Ausbau von weiteren 2.900 Kilometern Stromleitungen vorsieht. Die Klagerechte von Naturschutzverbänden und Anwohnern sollen stark eingeschränkt werden. Damit folgte die Regierung den Vorgaben der Bundesnetzagentur, die wiederum die meisten Forderungen der Netzbetreiber berücksichtigte. (Hier geht es immer um das Höchstspannungsnetz, das der Verteilung zwischen den Regionen und über große Entfernungen hinweg dient.)

Grundsätzlich ist die Skepsis vieler Bürger berechtigt. Nicht alle Leitungen werden für den Transport sauberen Stroms gebaut. Sie werden auch für die Weiterleitung des Stroms aus neuen Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken (die zurzeit in Wilhelmshaven, Stade, Brunsbüttel und Hamburg sowie im sächsischen Boxberg und in Profen in Sachsen-Anhalt entstehen bzw. geplant sind) in den Süden des Landes gebraucht. Zudem gäbe es zusätzliche Leitungskapazitäten, wenn im Nordwesten endlich die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet würden.

In den Jahren 2009 und 2010 fand ein von der Deutschen Umwelthilfe moderierter Diskussionsprozess zwischen zahlreichen Bürgerinitiativen, Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie lokalen und regionalen Energieversorgern und Betreibern einiger Mittelspannungsnetze statt. Herausgekommen ist dabei ein sogenannter Plan N. Das umfangreiche Konsenspapier benennt die wesentlichen Voraussetzungen für eine größere lokale Akzeptanz des Netzausbaus, darunter größere Mindestabstände der Stromleitungen zu Wohnhäusern, unterirdische Kabel an besonders neuralgischen Punkten und vieles Sinnvolle mehr. Einzig die vier großen Netzbetreiber haben sich der Diskussion verweigert. Bestärkt wurden sie darin von der Bundesregierung, die den ganzen Diskussions- und Moderationsprozess zwar finanziell unterstützte, aber vorzog, die Empfehlungen des »Plans N« einfach zu ignorieren.

Die von Wolfgang Pomrehn verfasste Broschüre »Armutsrisiko Energiewende?« ist in der Reihe »luxemburg argumente« erschienen und kann bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung bestellt werden.

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