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Ältere Arbeitnehmer können zum Ruhestand verpflichtet werden

Bundesarbeitsgericht: Ruhestand per Betriebsvereinbarungen möglich

  • Lesedauer: 2 Min.
Können ältere Arbeitnehmer quasi per Betriebsvereinbarung zum Ruhestand verpflichtet werden? Die Richter des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt bejahten mit ihrem Urteil vom 5. März 2013 (Az. 1 AZR 417/12) diese Frage.

Der Erste Senat des BAG bejahte: Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, sind wirksam, wenn die Altersgrenze nicht willkürlich festgelegt wurde.

Der Fall: Der heute 70-jährige Kläger war seit 1980 beim beklagten VW-Autokonzern beschäftigt. Nach der von beiden Parteien unterzeichneten »Einstellungsmitteilung« war das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine beim VW-Konzern bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976 sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Damals lag das gesetzliche Renteneintrittsalter noch bei 65 Jahren. Auf diese Altersgrenze hatte die Gesamtbetriebsvereinbarung des Autobauers Bezug genommen.

Diese Altersgrenze vollendete der Kläger im August 2007. Mit seiner Klage wandte er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses - mit dem Hinweis, dass die Renteneintrittsaltersgrenze inzwischen auf 67 Jahre angehoben wurde und es für Jahrgänge mit Geburtsdatum vor 1994 eine Stufenregelung zum Renteneintritt gibt.

Bereits beide Vorinstanzen - zuletzt das Landesarbeitsgericht Niedersachsen - hatten die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers beim Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos.

Das Gericht begründete seine Entscheidung so: Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber können in einer freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Dabei haben sie die Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 BetrVG) zu beachten. Diese sind gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann.

Eine solche Regelung verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Abmachung.

Die Sprecherin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, verwies auf Beispiele tariflicher Altersgrenzen, die im Urteil der Bundesrichter durchfielen. Das war beispielsweise bei Piloten und Flugbegleitern der Fall, die laut Tarifvertrag bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen sollten.

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