Thüringen als Dreistadt

Minister sorgt mit Zukunftsplan für Streit

  • Lesedauer: 2 Min.
Schrumpfende Bevölkerung, sinkende Einnahmen, niedrige Löhne, Fachkräftemangel - Thüringen hat nach Meinung von Wirtschaftsminister Machnig bisher zu wenige Antworten auf seine Probleme. Im Alleingang legt er ein Zukunftsprogramm vor - und sorgt für Streit in der schwarz-roten Koalition.

Erfurt (dpa/nd). Thüringen braucht nach Meinung von Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) ein Ballungsgebiet, um im bundesweiten Wettbewerb um gut ausgebildete Fachleute bestehen zu können. Dazu könnten die Städte Erfurt, Weimar, Jena mit ihrem Umland mit zusammen knapp einer halben Million Einwohnern entwickelt werden, heißt es in einem »Zukunfts- und Innovationsprogramm 2020«, das Machnig jetzt in Erfurt vorlegte. In dem Papier ist von einer »Dreistadt« die Rede, die in den kommenden 20 Jahren einen gemeinsamen Stadt- und Umlandentwicklungsplan brauche. Es gehe aber nicht darum, aus drei Städten eine zu machen, versicherte Machnig.

Scharfe Kritik kam vom Koalitionspartner. CDU-Generalsekretär Mario Voigt warf Machnig »Dampfplauderei« vor. Anonyme Großstrukturen seien nicht thüringengerecht. Einige CDU-Minister reagierten irritiert. FDP-Fraktionschef Uwe Barth sprach von einem »egomanischen Alleingang« des Wirtschaftsministers und begründete das unter anderem damit, dass die zunächst in der Staatskanzlei geplante Präsentation des Programms schließlich ins Wirtschaftsministerium verlegt wurde. LINKE-Fraktionschef Bodo Ramelow nannte eine Metropolregion aus drei Städten »Klamauk«. Machnig wies die Kritik als unberechtigt zurück. Der Vorschlag bestehe darin, dass die drei Städte als Metropolregion zusammenarbeiteten. Das könne den öffentlichen Nahverkehr - Machnig sprach von einer S-Bahn-Verbindung -, die Infrastruktur oder das Wohnungsangebot umfassen. In diesen Bereichen seien Verbesserungen nötig. Das ändere nichts an der Eigenständigkeit der Städte.

Das Zukunftskonzept, das von Strategien zur Verbesserung des Lohnniveaus bis zum Investitionsanteil im Landeshaushalt reicht, enthalte Denkanstöße seines Ministeriums und beschreibe die wirtschaftspolitischen Herausforderungen. »Ich glaube, dass wir in Thüringen eine Zukunftsdebatte brauchen«, sagte Machnig. Bisher hatte vor allem Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) »Thüringen 2020« zu ihrem Thema gemacht. Machnig bestätigte, dass sein Konzept, das versuche, »vorläufige Antworten zu geben«, nicht innerhalb der CDU/SPD-Regierung diskutiert wurde.

Bau- und Verkehrsminister Christian Carius (CDU) warf seinem Kabinettskollegen vor, mit der Ballungsraumtheorie auf dem falschen Weg zu sein. »Der Freistaat wird nie zu einer zwangsvereinigten Großstadt Erfurt, Weimar, Jena mutieren«, erklärte Carius.

Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) äußerte sich erstaunt zur Forderung von Machnig, dass der Investitionsanteil an den Landesausgaben wieder auf 15 Prozent steigen müsse. Thüringen liege beim Investitionsanteil 40 Prozent höher als die westdeutschen Bundesländer. Zudem müssten alle Forderungen ohne neue Schulden finanzierbar sein, sagte Voß. CDU-Generalsekretär Voigt erklärte, die CDU erwarte »Sacharbeit statt Worthülsen und Ankündigungen«.

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