Märchen vom Schaf
Silvia Ottow über Korruption im Gesundheitswesen
Der Blumenstrauß für Schwester Ursel zum Frauentag dürfte auch künftig unbedenklich sein. So manches andere allerdings, was in Arztpraxen herübergereicht wird, ist es wert, abgeschafft zu werden: Geld, Vergünstigungen, Arzneien, Geschenke. Die werden dafür gegeben, bestimmte Produkte zu bevorzugen. Das ist nicht die unabhängige Auswahl einer Therapie, die ein Patient von seinem Arzt, seinem Krankenhaus oder seinem Apotheker erwartet. Jeder weiß, dass in der Branche bestochen wird, auch wenn es schick ist, das zurückzuweisen und ein ums andere Mal das Märchen vom Schwarzen Schaf vorzulesen.
Millionen- oder Milliardenschäden - hier streiten sich die Experten noch, was sehr schön zeigt, wie intransparent und unübersichtlich der Gesundheitsmarkt ist - sind kein Kavaliersdelikt, denn sie gehen zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Sie werden ganz gewiss nicht von ein paar Schafen verursacht, so oft dieser abgenutzte Spruch auch wiederholt wird. Eher sind sie das Ergebnis einer rücksichtslosen marktwirtschaftlichen Orientierung, die Verkauf und Gewinn um jeden Preis zum Ziel hat, wo eigentlich Vernunft und Beschränkung angesagt sein müssten. Und diesen Zustand verwaltet die Politik, anstatt ihn wirksam zu bekämpfen. Zum Beispiel durch Korruptionsregeln, die ein Hintertürchen offen lassen.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.