Gentechnik hilft nicht gegen Hunger

Mariam Mayet über die südafrikanische Agrarpolitik und den Einfluss von Monsanto

  • Lesedauer: 4 Min.
Südafrika ist auf dem afrikanischen Kontinent Vorreiter beim kommerziellen Anbau von gentechnisch-veränderten (gv) Nutzpflanzen. Über den Stand, die Herausforderungen und den Widerstand gegen die Grüne Gentechnik sprach für »nd« Andreas Bohne mit Mariam Mayet vom südafrikanischen African Centre for Biosafety (ACB). Das ACB ist eine Nichtregierungsorganisation aus Johannesburg, die sich der Förderung ökologischer landwirtschaftlicher Systeme in Afrika verschrieben hat.

nd: Als erstes afrikanisches Land machte Südafrika 1997 den Weg für genveränderte (gv) Pflanzen frei. Zurzeit werden Mais, Baumwolle und Soja genverändert angebaut. Warum übernahm Südafrika diese Vorreiterrolle?
Mayet: Weil die Voraussetzungen für Agrarkonzerne wie Monsanto gegeben waren. Der Markt war schon erschlossen, da bereits großflächig spezielle Maissorten auf industriellem Niveau angebaut wurden. Der Saatgutsektor war kommerzialisiert und die Wertschöpfungskette etabliert. Daher nutzten die Farmer fortgeschrittene Zuchtmethoden wie Hybridsaatgut. Für Monsanto war es einfach, in Südafrika ein- und vorzudringen - zuerst mit dem Kauf von zwei der größten Saatgutunternehmen und dem erfolgreichen Lobbyieren für die aus ihrer Sicht revolutionäre Technologie, ein neues und verbessertes System der Maisproduktion. Daneben besitzt Südafrika ein etabliertes geistiges Eigentumsrecht und setzte als eines der ersten Länder das TRIPS-Abkommen über geistige Eigentumsrechte der Welthandelorganisation um, welches für Unternehmen wie Monsanto natürlich vorteilhaft und profitabel ist.

Wie ist die gegenwertige Situation, bezogen auf die Anbauflächen und den Handel?
In kommerzieller Produktion sind 77 Prozent des südafrikanischen Mais gv, bei Baumwolle 100 Prozent und bei Soja 98 Prozent. In den letzten zwei bis drei Jahren begann Südafrika, größere Schiffsladungen nach Mexiko zu exportieren - dem Zentrum und Ursprungsland von Mais -, sowie nach Sudan, nach Swasiland, Mosambik oder auch Soja nach Malaysia.

Wie sieht es mit Feldversuchen mit neuen Pflanzen aus?
Es gibt zahlreiche Versuche, überwiegend durchgeführt mit gv-Mais der neuen Generation von Herbizid-toleranten Pflanzen. Diese sind überwiegend resistent gegenüber Herbiziden wie »Glyphosat plus«. Das ist eine Katastrophe, denn dadurch werden immer mehr Gifte freigesetzt, mit unbekannten Auswirkungen auf Böden, menschliche Gesundheit und so weiter.

Was konnten die Gentechnik-Gegner bisher erreichen?
Wir waren in der Lage, die Kommerzialisierung einer gv-Kartoffelsorte - gefördert von der US-amerikanischen Entwicklungshilfeorganisation USAID - zu blockieren. Auch konnten wir eine gv-Maissorte für den Anbau von Bioenergie vor einigen Jahren verhindern. Leider waren wir nicht in der Lage, eine einzige Zulassung von und für Monsanto zu verhindern.

Wie einflussreich ist Monsanto in Südafrika?
Sehr. Monsanto besitzt starken Einfluss auf die Politik in Südafrika. Monsanto beherrscht 50 Prozent des gesamten Maismarkts in Südafrika, gv und hybrider Mais. Und sie besitzen über 50 Prozent des gesamten südafrikanischen Saatgutmarktes - damit verfügen sie über eine große ökonomische Kontrolle in unserem Land.

In Südafrika regiert bekanntlich der Afrikanische National Kongress (ANC). Wie steht der ANC zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO)?
Wir leben immer noch in einem pro-GVO-Land und der ANC hat eine pro-GVO-Philosophie. Wir haben nicht sehr viele Allianzen mit der Regierung, es ist nicht sehr einfach, Unterstützung zu erhalten. Wir lobbyierten letztes Jahr viel im Parlament, forderten ein Verbot des umstrittenen Herbizids »2,4 Div,« hinterfragten Entscheidungen zu GVOs, fragten nach der öffentlichen Beteiligung und kritisierten die laxe Regulierung für Pestizide. Ohne Erfolg.

Das Who is Who des multinationalen Agrobusiness - Monsanto, Pioneer Hi-Bred, Syngenta - ist in Südafrika involviert. Wie verträgt sich das mit dem Ziel einer Ernährungssicherung durch und für Kleinbauern und ihre Familien?
Gar nicht. Diese Firmen besitzen eine bestimmte Agenda, nämlich ihr kommerzielles Interesse voranzutreiben und Märkte einzunehmen. Dadurch gibt es aus meiner Sicht keine Übereinstimmung zwischen einer Förderung der Ernährungssouveränität durch Kleinbauern und den Interessen dieser multinationalen Firmen. Sie befördern Monokulturen, den Einsatz von anorganischem Dünger und teuren Technologien wie Gentechnik, wie wir oftmals gesehen haben. Wie die südafrikanische Nichtregierungsorganisation TCOE kürzlich für das Eastern Cape oder andere Forscher für die Makathini Flats gezeigt haben, - enden Farmer, die gv-Pflanzen anbauen, meist in der Schuldenfalle.

Was sind die Hauptgründe von zivilgesellschaftlichen Gruppen wie ACB für eine Ablehnung von gen-modifizierten Pflanzen?
Hier geht es darum, was das Beste für die ländliche Entwicklung und die Armutsbekämpfung ist. GVO-Technologie und Technologien der Grünen Revolution sind nicht dafür geeignet, da sie auf Kontrolle durch Monopole, Patente auf Leben, Monokulturen, Chemikalien und privatisierten Technologien basieren und damit menschliche Gesundheitsrisiken und Umweltrisiken in Kauf nehmen. Die Agrarökologie ist im Gegensatz dazu im Aufbau lokaler Ökonomien verwurzelt, mit der die Farmer gestärkt werden und ihnen die Kontrolle über das Saatgut verschafft wird. Denn obwohl es in Südafrika während des Zeitraums des GVO-Anbaus einen Überschuss an Mais gab, stieg der Mais-Preis um 84 Prozent für Konsumenten. GVOs sind offensichtlich keine Lösung für Hunger.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal