Mehr als Tiere

Ingolf Bossenz über eine ungewöhnliche Trauerfeier

  • Lesedauer: 1 Min.

Hunderte Trauernde hatten sich am Sonnabend im baden-württembergischen Rotfelden versammelt. Reden wurden gehalten, eine Erinnerungstafel wurde enthüllt, ein Kondolenzbuch lag aus. Das Ungewöhnliche daran: Bei den Toten handelte es sich um Tiere – 86 Dromedare und Trampeltiere sowie ein Lama. Sie waren ums Leben gekommen, als der Kamelhof Rotfelden in der Nacht zum 31. Januar in Flammen aufging und vollständig abbrannte. Ein spektakuläres Unglück, das allerdings trotz seiner »Exotik« über den lokalen Rahmen hinaus kaum zur Kenntnis genommen wurde. Was nicht überrascht. Sterben doch in Deutschland jeden Tag nicht nur 87, sondern Hunderttausende Tiere, ohne dass dies eine Meldung wert ist. Bestenfalls quartalsweise oder am Jahresende finden die in den Schlachthäusern massakrierten Kreaturen subsumierenden Eingang in die Statistiken – verbucht in Tonnen.
Diese Namenlosigkeit blieb den Tieren in Rotfelden erspart: Alladin, Merkur, Stella, Soran ... Namen können schützen. Wenn Menschen Tieren »persönliche« Namen geben, werden sie zu individuellen Wesen. Jedes einzelne Tier »wird uns in wunderbarer Erinnerung bleiben«, heißt es denn auch auf der Website des Kamelhofs. Denn: »Sie waren mehr als Tiere, sie waren unsere Freunde.« Doch warum müssen Tiere »mehr« sein, um als leidensfähige Wesen behandelt zu werden?

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