Freiwillige Hilfe - ohne Konsequenzen?

Rechtsschutzversicherung

  • Lesedauer: 3 Min.
Ob beim Umzug, einem liegengebliebenen Auto oder in medizinischen Notfällen: Freiwillige Helfer sind immer gern gesehen. Doch wenn der Helfer einen Schaden anrichtet oder gar verschlimmert? Haftungsfragen rund um die freiwillige Hilfe erläutert die D.A.S. Rechtsschutzversicherung.

Wenn es beim Umzug knallt

Wer Freunden oder Bekannten beim Umzug hilft, passt natürlich gut auf. Doch trotz aller Vorsicht lassen sich Missgeschicke nicht immer vermeiden. Sobald dann der am Umzugswagen lehnende Wandspiegel auf das daneben parkende Auto kippt oder die wertvolle Vase unabsichtlich zu Bruch geht, kommt die Frage auf: Wer muss für den Schaden haften? »Grundsätzlich haften freiwillige Umzugshelfer nicht für einfache Fahrlässigkeit, also bei einem Versehen. Denn bei unbezahlter Hilfe handelt es sich um eine Gefälligkeitshandlung, bei der der Helfer von einem sogenannten ›stillschweigenden Haftungsausschluss‹ ausgehen darf. Er nimmt also an, im Falle eines Schadens nicht dafür einstehen zu müssen«, erläutert die D.A.S.-Juristin Anne Kronzucker.

Anders sieht der Fall aus, wenn der Helfer grob fahrlässig oder vorsätzlich handelt. Dann haftet der Helfer (AG Plettenberg, Az. 1 C 345/05). Grobe Fahrlässigkeit liegt z. B. vor, wenn ein Helfer ein besonders schweres Fernsehgerät über mehrere Etagen alleine hochträgt und dieses dabei fallen lässt (LG Dortmund, Az. 1 S 164/03).

Schaden nach Starthilfe

Rein ins Auto, Zündung - doch der Motor bleibt still. Jetzt ist die freiwillige Starthilfe eines anderen Autofahrers willkommen! Doch wenn der eifrige Helfer beim Anschluss des Startkabels versehentlich die Pole vertauscht, sind oft Teile der Elektrik dauerhaft zerstört. Muss der Helfer nun für den Schaden haften? »Nein«, beruhigt die D.A.S.- Rechtsexpertin. »Selbst wer einen Fehler begeht und damit eine kostspielige Reparatur verschuldet, haftet er in der Regel nicht. Auch bei der kostenlosen Starthilfe handelt es sich um einen Gefälligkeitsdienst mit stillschweigendem Haftungsausschluss.« Doch Vorsicht - dieser gilt nicht uneingeschränkt! Denn die Gerichte beurteilen jeden Einzelfall unterschiedlich nach dem Grad des Verschuldens.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Besonders in medizinischen Notfallsituationen kann freiwillige Hilfeleistung Leben retten. Doch viele Notfallzeugen befürchten, durch die geleistete Hilfe den bestehenden Schaden noch zu verschlimmern oder wegen »falscher« Hilfeleistung mit Schadenersatzforderungen oder gar strafrechtlichen Folgen rechnen zu müssen. Die Folge: Viele unterlassen Erste Hilfe aus Angst vor den Konsequenzen.

Diese Sorge widerlegt die D.A.S.-Juristin: »Im Rahmen einer Erste-Hilfe-Leistung kann der Ersthelfer grundsätzlich nicht zum Schadenersatz herangezogen werden - außer, er handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich.« Grob fahrlässig verhält sich zum Beispiel, wer nach einem Autounfall nicht die Unfallstelle absichert und damit weiteren Schaden an dem Verletzten durch heranfahrende Autos riskiert. Ansonsten gilt: Ersthelfer, die am Notfallort nach bestem Wissen und Gewissen handeln und die bestmögliche Hilfe leisten, haben nichts zu befürchten. Dies bedeutet auch für den strafrechtlichen Bereich: Verschlechtert sich der Gesundheitszustand des Verletzten trotz bestmöglicher Hilfeleistung oder tritt gar sein Tod ein, macht sich der Ersthelfer nicht wegen fahrlässiger Körperverletzung bzw. Tötung strafbar.

Wissenswert

● Freiwillige Hilfe ist ein Gefälligkeitsdienst mit stillschweigendem Haftungsausschluss. Ausnahme: Der Helfer handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich!
● Im Rahmen einer Erste-Hilfe-Leistung kann der Ersthelfer grundsätzlich nicht zum Schadenersatz herangezogen werden - vorausgesetzt, er leistet die ihm bestmögliche Hilfe.
● Grundsätzlich haften freiwillige Helfer nicht bei einem Versehen.
● Weitere Infos auf www.das.de/rechtsportal

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