Verfilzte Gegend

Die CSU-Spitze hat Image-Sorgen und drängt Abgeordnete zu Entlassung von Familienangehörigen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Schlagzeilen waren eindeutig, die Worte des bayerischen Ministerpräsidenten auch: Nach wenigen Tagen zieht die CSU-Fraktion die Notbremse und will mit sanftem Druck dafür sorgen, dass auch die CSU-Abgeordneten keine Ehefrauen und Kinder mehr als Mitarbeiter beschäftigen. Im September ist Landtagswahl.

München (dpa/nd). Nach tagelangen Querelen drängt die CSU-Fraktionsspitze sämtliche betroffene Abgeordnete in ihren Reihen, Ehefrauen und Kinder umgehend als Mitarbeiter zu entlassen. »Wir empfehlen dringend, die noch bestehenden Beschäftigungsverhältnisse mit Verwandten ersten Grades sofort zu beenden«, heißt es in einem Beschluss des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes vom Dienstag.

Zuletzt hatten noch 17 CSU-Abgeordnete enge Familienangehörige in ihren Büros angestellt und diese aus der Mitarbeiterentschädigung des Landtags bezahlt - danach darf jeder Abgeordnete pro Monat rund 7500 Euro für Angestellte in seinen Büros ausgeben. Sie nutzen dabei eine Ausnahmeregelung für Altverträge. Neuverträge sind seit dem Jahr 2000 verboten - das hatten CSU, SPD und Grüne gemeinsam beschlossen.

Nach mehreren Tagen Negativ-Schlagzeilen und einer Intervention von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) persönlich zieht die CSU-Fraktionsspitze damit die Notbremse - und noch mehr: Der Fraktionsvorstand ruft die betroffenen Abgeordneten auf, alle Zahlen und Fakten zu den Verträgen mit ihren Angehörigen offenzulegen. »Wir halten es für angemessen, dass die betroffenen Abgeordneten für die notwendige Transparenz bei diesen nach 2000 weitergeführten Beschäftigungsverhältnissen sorgen«, heißt es in dem Beschluss. Und: »Aus heutiger Sicht« sei die von allen Fraktionen beschlossene sogenannte Bestandsschutzregelung ein »politischer Fehler« gewesen.

Die Opposition hatte am Montag gefordert, dass der Oberste Rechnungshof die Verträge der Abgeordneten mit ihren Angehörigen überprüft - vor allem dahingehend, ob sich diese tatsächlich über all die Jahre hinweg auf die Altfallregelung berufen könnten. Vor allem der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Georg Winter, steht unter Beschuss, weil er seine Söhne einst mit der Pflege seines Computers betraut und sie dafür bezahlt haben soll. »Bayern ist wirklich das einzige Land der Welt, in dem 13-jährige Kinder mit Kinderarbeit einen 13-jährigen Kündigungsschutz bekommen als Altfall«, hatte SPD-Landtagsspitzenkandidat Christian Ude am Montag beklagt.

Seehofer hatte sofort nach Bekanntwerden der Fälle von den drei betroffenen Mitgliedern seines Kabinetts - darunter Kultusminister Ludwig Spaenle - verlangt, dass sie die entsprechenden Arbeitsverträge mit ihren Angehörigen umgehend beenden. Spaenle tat dies als erster, ihm folgte CSU-Fraktionschef Georg Schmid, dessen Name sich ebenfalls auf der Landtags-Liste mit den 17 Namen fand. Noch am Tag zuvor hatte Schmid solche Konsequenzen abgelehnt. Zugleich appellierte Seehofer - offensichtlich erfolgreich - an die Koalitionsfraktionen, noch vor der Landtagswahl im September eine Regelung zu finden, die die Praxis mit den Altverträgen endgültig unterbindet. Die FDP hat damit sowieso kein Problem: Sie sitzt erst seit 2008 im Landtag und konnte damit nicht von der Altfallregelung profitieren.


Aus für Gebühr

Im bayerischen Landtag wird heute das endgültige Aus für die Studiengebühren besiegelt. Diese sollen zum Wintersemester abgeschafft werden. Nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen die Studiengebühren geht der Landtag damit einem Volksentscheid aus dem Weg. Zugleich soll das zwischen CSU und FDP ausgehandelte Bildungspaket beschlossen werden: Es regelt, dass den Hochschulen die wegfallenden Gebühren voll aus dem Haushalt ersetzt werden. SPD, Freie Wähler und Grüne sowie nun auch CSU werden für die Abschaffung der Gebühren stimmen. Vom Koalitionspartner FDP hieß es, die Mehrheit der Abgeordneten werde wohl für Beibehaltung votieren. (dpa/nd)

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