Bremen rettet Universum

Wissenschaftsschau soll vor Insolvenz bewahrt werden - LINKE spricht von Perry-Rhodan-Aktion

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Stadt Bremen will die unter Druck geratene Wissenschaftsausstellung Universum übernehmen. Dadurch soll eine Insolvenz verhindert und der Erhalt des Science Centers gesichert werden. Sinkende Besucherzahlen hatten zuletzt tiefe Löcher in die Kasse gerissen.

Das kleinste Bundesland leistet sich das Größte, das es überhaupt gibt: In Bremen steht das Universum! Das ist kein hanseatischer Größenwahn, Universum lautet der Name eines Wissenschafts-Erlebnis-Museums. Welches wiederum auch noch ein Kleinod moderner Architektur ist und damit längst zu den Wahrzeichen Bremens gehört. Allerdings ist die Einrichtung inzwischen wirtschaftlich ins Wanken geraten.

Das »Universum Science Center« - so der offizielle Name - erregte zunächst die Gemüter der HanseatInnen und sorgte auch für ein bisschen Spott. Schließlich sah es eher aus wie ein riesiger, gestrandeter Wahl aus Stahl, denn wie ein seriöses Haus der Wissensvermittlung. Manche sprachen gar despektierlich von einer »schwangeren Auster«. Das große, bauchige Gebilde steht auch noch in einem kleinen See.

Gefragtes Expo-Projekt

Mittlerweile ist ein zweites Center-Gebäude namens »Kubus« auf der anderen Straßenseite hinzugekommen. Mit seinen geraden Linien, rechten Winkeln und der erdigen Farbgebung bildet es einen starken Gegenpol zum Universum Stammhaus.

Als Teil der ersten offiziell anerkannten Weltausstellung in Deutschland, der Expo 2000, wurde die Wissenschaftsschau Universum in Bremen errichtet, und zwar nicht als staatliche Einrichtung, sondern als private. Bis jetzt gehört es der Universum Managementgesellschaft mbH (UMG). Aber nicht mehr lange, denn der private Investor ist seit einiger Zeit ins Straucheln geraten.

Zur Jahrtausendwende erwies sich das Universum als das erfolgreichste Bremer Expo-Projekt. Und auch in der nachfolgenden Zeit kamen mehrere 100 000 BesucherInnen im Jahr. Zum Beispiel, um in einer vollkommen dunklen Wohnung auszuprobieren, wie es blinden Menschen ergeht, um sich unter eine Lichtdusche zu stellen oder sich in einer Höhle zu entspannen, die dem Inneren einer Gebärmutter nachempfunden ist.

Neben den fest installierten Attraktionen in den beiden Häusern und den Entdecker-Spielgeräten auf dem Außengelände lockt das Universum regelmäßig mit temporären, zum Teil spektakulären Ausstellungen. In den Jahren vor dem Vogelgrippe-Alarm wurden zu Ostern »Küken-WGs« in der interaktiven Wissenschaftsausstellung eingerichtet. Die gaben dem Publikum Einblick in die Huhn-Werdung vom Ei bis zum Küken. Waren sie geschlüpft, wimmelte es im Universum von flauschigem, fiepsendem Federvieh. Ein riesiger Erfolg war auch die mit dem in Bremen ansässigen Chocolatier »Hachez« gemeinsam realisierte Schokoladenausstellung. Zur Zeit läuft »Mensch in Zahlen«, eine Ansammlung plakativ dargestellter statistischer Werte. So wurden etwa 16 000 Plastikeier aufgetürmt, um den durchschnittlichen Eierverbrauch eines Einwohners Deutschlands während seines Lebens zu visualisieren. Passend zum Anliegen des Hauses, ist das Universum auch Sponsor und Austragungsort des Bremer Landeswettbewerbs »Jugend forscht«.

Gekauft für einen Euro

Da wundert es nicht, dass Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) bereits beim Vorstellen der vom Sparzwang geprägten Haushaltseckwerte für die kommenden zwei Jahre deutlich machte, dass das mittlerweile finanziell in Not geratene Universum nicht fallen gelassen werde. Bremen werde eine Lösung finden, denn allein schon als außerschulischer Lernort sei das Wissenschaftsmuseum unverzichtbar. Nun wurde eine Lösung gefunden. Mit fünf Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) soll das Universum modernisiert und umgebaut werden. Eine Million Euro Altschulden will das Land übernehmen und aus dem Topf des Wirtschaftsressorts jährlich 500 000 Euro für den laufenden Betrieb bereit stellen. Außerdem kauft Bremen der UMG das Universum für einen Euro ab. Das Konzept des Science Centers wird dahin gehend verändert, dass die Wissenschaftsschau enger mit Schulen und Universität zusammen arbeiten soll.

Unterm Strich ist mit diesem gesamten Paket noch etwas Außergewöhnliches in Bremen passiert. Bürgermeister Böhrnsen hat zum ersten Mal öffentliches Lob vom wirtschaftspolitischen Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der LINKEN, Klaus-Rainer Rupp, bekommen. Der meinte, Böhrnsen habe »im Stile Perry Rhodans das Universum gerettet«.

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