Kolat fordert Register für anti-muslimische Straftaten

Kritik von Verbänden an einseitiger Islamkonferenz / Innenministerium weist Vorwürfe zurück

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (Agenturen/nd). Die diesjährige Sitzung der Deutschen Islamkonferenz steht unter schwierigen Vorzeichen. Vor dem Treffen der Runde an diesem Dienstag in Berlin hatten mehrere beteiligte Religionsverbände den Sinn des bisherigen Formats offen infrage gestellt und kritisiert, der zuständige Ressortchef, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), habe das Thema Sicherheit und Terrorismus zu sehr in den Vordergrund gerückt.

Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), kann die Vorwürfe „nicht nachvollziehen“. Friedrich sei ein „Mann des Dialogs“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“. In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime, knapp die Hälfte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Deutsche Islamkonferenz soll den Austausch zwischen Staat und Muslimen verbessern und deren Integration voranbringen.

Derweil hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, ein Register für muslimfeindliche Straftaten gefordert. „Wir haben es in Deutschland immer noch nicht geschafft, muslimfeindliche Straftaten zu registrieren im Gegensatz etwa zu antisemitischen“, sagte Kolat. „Das Thema muss man ernst nehmen“, sagte Kolat, der die TGD in der Islamkonferenz vertritt.

Das Plenum der 2006 ins Leben gerufenen Islam Konferenz befasst sich bei ihrem letzten Treffen vor der Bundestagswahl schwerpunktmäßig mit den Themen Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamismus. Vor dem Hintergrund des am Montag in München gestarteten Prozesses gegen die Neonazi-Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) sagte Kolat, Muslimfeindlichkeit sei „kein neues Problem, kein neues Phänomen“. „Wir haben es in Deutschland mit sogenannter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu tun. Diese betrifft nicht nur die Muslime, sie betrifft auch Homosexuelle, Juden, Frauen, Sinti und Roma, sozial Schwächere oder Obdachlose“, so Kolat.

Muslimfeindlichkeit äußere sich darin, dass Muslime „als minderwertige Menschen angesehen“ und „stigmatisiert“ würden und dass „Islam mit Terrorismus gleichsetzt“ werde, sagte Kolat. Insbesondere mit Blick auf den Umgang mit dem Salafismus in Deutschland warnte Kolat davor, „solche Gruppen zu benutzen und zu instrumentalisieren, um gegen Muslime zu hetzen“. Andererseits täten auch die muslimische Verbände gut daran, sich von Fundamentalisten wie den Salafisten klar zu distanzieren. „Wer die freiheitliche demokratische Grundordnung angreift und zu Gewalt aufruft, der gehört ins Gefängnis“, sagte Kolat.

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