Kuba empfing Protestanten mit offenen Armen

Rat Lateinamerikanischer Kirchen tagte erstmals auf der Karibikinsel

  • Leo Burghardt, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Rat Lateinamerikanischer Kirchen (CLAI), dem 188 protestantische Glaubensgemeinschaften angehören, konnte Ende Mai unter dem Geleitwort »Für eine Ökumene konkreter Taten« seine Vollversammlung zum ersten Mal in Kuba durchführen, wenn auch mit drei Monaten Verzögerung.

Washington bleibt sich treu. Das Außenministerium ließ es sich nicht nehmen, Kuba dieser Tage erneut wahrheitswidrig und ehrenrührig für die »Kontrollierten« zu unterstellen, die »meisten Aspekte des religiösen Lebens (zu) kontrollieren«. Die USA selbst haben auch den Rat Lateinamerikanischer Kirchen (CLAI) nicht mit ihren Blockadeschikanen verschont und eine Überweisung von 101 000 Dollar aus Quito, dem Sitz des Rates, auf das Konto des kubanischen Kirchenrats bis heute eingefroren. Wenn europäische Kirchen nicht christlich-solidarisch eingesprungen wären, hätten die Gastgeber die Kosten für die Organisation der Versammlung, für Versorgung und Unterbringung der 300 Pastoren aus 20 Ländern nicht aufbringen können, lobte CLAI-Generalsekretär Nilton Giese die »konkrete Tat der Europäer« und schilderte »die unfruchtbaren Bemühungen«, die Überweisungen einer ecuadorianischen Bank frei zu bekommen. Nun müsse ein US-amerikanisches Gericht dazu Stellung nehmen.

So hielt der Rat trotzdem zum ersten Mal eine Vollversammlung in Kuba ab. Man hätte in ein anderes Land ausweichen können, sagte der panamaische Bischof Murray. Aber das sei keinen Moment erwogen worden. »Diese unangenehmen Schwierigkeiten mit der Kuba-Blockade des Imperiums waren erst recht ein Grund, uns mit Kuba zu solidarisieren.« Alle Teilnehmer seien äußerst motiviert gewesen, den kubanischen Brüdern und Schwestern auf diese Weise beizustehen. Denn bisher habe man nicht gelernt, gemeinsam zu handeln und gravierende Probleme wie die Ungleichheit und die Ausgrenzung von Millionen anzupacken. Dass die Tagung in Kuba zustande kam, beweise, was gemeinsames Handeln bewirken könne, bestätigte der argentinische Bischof Emeritus Pagura.

Die Gastgeber vom Rat der kubanischen Kirchen vereinen 26 protestantische und zwölf weitere Religionsgemeinschaften, darunter die jüdische, die islamische, die afro-kubanische Yoruba, außerdem Buddhisten, Spiritisten, Bahaisten (Getreue des Baha Allah, die eine Verschmelzung aller Religionen anstreben), Griechisch-Orthodoxe und Yoga. Alle haben sich vor zwei Jahren zu einer pastoralen Plattform verbündet, um den Kampf für die Freilassung der kubanischen Antiterroristen, der »Miami Five«, geschlossen zu führen und Washington mit Hilfe von Kontakten zu Gläubigen in den USA unter Druck zu setzen.

Zur jüdischen Gemeinschaft gehören heute 1500 Mitglieder, wie ihr Vizepräsident David Prin-stein kürzlich in einem Pressegespräch mitteilte. Sie verfügen über drei Synagogen in Havanna, eine in Santiago de Cuba und eine in Camagüey. »Unsere Gemeinde ist klein, aber sehr dynamisch«, sagte Prinstein. Aufgrund der »hervorragenden Beziehungen zur Regierung« verfüge man über die einzige private Fleischerei, so dass die jüdischen Vorschriften eingehalten werden können. Auch als die neuen Reisebestimmungen noch nicht existierten, »konnten wir an allen internationalen Veranstaltungen teilnehmen, zu denen wir eingeladen waren, in Lateinamerika, in den USA und in Israel«. Prinstein kategorisch: »Wir sind ein Land ohne Antisemitismus.«

Immer habe es in Kuba Muslime gegeben, aber nie eine Institution wie die 2007 gegründete Islamische Liga, erklärte Pedro Lazo, deren Präsident. Praktiziert habe man in Gruppen allerdings schon seit Anfang der 90er Jahre. Nie hätten sie ein Problem gehabt. Zurzeit gebe es in Kuba Tausende Muslime, vor allem ausländische Studenten, aber auch Kubaner. Eine Moschee habe man noch nicht, das behindere jedoch nicht die Ausübung der Riten. Gepredigt würden gegenseitiger Respekt, Brüderlichkeit und Zusammenarbeit sowie gute Beziehungen zu den anderen Religionen. Nach dem 11. September 2001 »haben die Muslime hier weiter normal arbeiten und leben können ... die Regierung verteidigt die vollkommene Religionsfreiheit. Das findet seinen Ausdruck nicht nur in der Verfassung, sondern ebenso in der täglichen Handlungsweise.«

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