Pfusch in OP-Sälen verunsichert Patienten

Alarmierende Bilanz: 2012 rund 23 000 Behandlungsfehler beklagt

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Trotz aller Aufrufe zu mehr Sicherheit in Kliniken und Praxen sind 2012 erneut weit mehr als 7000 Patienten Opfer von Behandlungsfehlern geworden. Allein bei Krankenkassen und Ärztestellen haben sich Patienten mehr als 23 000 Mal wegen Verdachts auf fehlerhafte Behandlungen beschwert. In knapp einem Drittel der Fälle bestätigten die Gutachter den Verdacht auf Ärzte- und andere medizinische Fehler.

12 483 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellten die Experten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), wie der MDK in Berlin mitteilte. 3932 Behandlungsfehler wurden bestätigt.

Die Gutachter der MDK kamen zu dem Schluss, dass sich in ungefähr einem Drittel der Fälle der Verdacht des Patienten auf einen Behandlungsfehler bestätigen ließ. Dabei betrafen etwa zwei Drittel der Vorwürfe Behandlungsfehler in Krankenhäusern. Hier lag der Anteil der durch die Gutachter bestätigten tatsächlichen Fehler bei 30 Prozent. Bei vermuteten Fehlern, die von niedergelassenen Ärzten begangen wurden, lag der Anteil der berechtigten Vorwürfe laut Gutachter bei 36 Prozent.

»Die Zahl der Vorwürfe und nachgewiesenen Behandlungsfehler geht nicht zurück«, so Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern. Vor allem bei Operationen ist die Quote an Behandlungsfehlern hoch. Orthopädie sowie Unfall- und Allgemeinchirurgie führen mit fast 6000 Vorwürfen die Liste von Behandlungsfehlern an, gefolgt von Zahnmedizin, innerer Medizin und Gynäkologie (siehe Grafik).

Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS), verweist darauf, dass die Dunkelziffer hoch ist. Denn ungezählte Fälle bei Gerichten und Versicherungen kommen hinzu. Insgesamt beanstandeten nach früheren Schätzungen rund 40 000 Versicherte pro Jahr ihre Behandlung bei Ärztestellen, Kassen oder direkt vor Gerichten. Aus Sicht der Patienten bleibe unbefriedigend, dass das neue Patientenrechtegesetz keine neue Verteilung der Beweislast zwischen Behandler und Patient gebracht hat. Die Zahl der Vorwürfe und bestätigten Behandlungsfehler zeige, dass nach wie vor Handlungsbedarf bestehe. Gefordert wird daher eine Entschärfung der einseitigen Beweislast für den Patienten und die Einführung eines bundesweiten Behandlungsfehlerregisters zur besseren Kontrolle potenzieller Fehlerquellen.

Demnächst werden wir an dieser Stelle noch einmal ausführlich auf das neue Patientenrechtegesetz eingehen.

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