Die Achse des Guten

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will in der Außenpolitik auf »Wandel durch Annäherung« setzen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei seinem Auftritt in der Freien Universität Berlin hat sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gegen den Kauf von Drohnen ausgesprochen. Bundeswehrauslandseinsätze mit anderen Waffen dürften aber an ihm nicht scheitern.

Peer Steinbrück hat für seine erste Grundsatzrede zur Außenpolitik einen historischen Ort gewählt. An der FU Berlin warnte vor 50 Jahren USA-Präsident John F. Kennedy vor der Hoffnung auf eine zu schnelle Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Damit ermutigte er die SPD-Politiker Willy Brandt und Egon Bahr in der Ostpolitik der 60er und 70er Jahre. Obwohl schon lange keine Grenze mehr durch Deutschland führt und die politischen Systeme in Osteuropa sich längst gewandelt haben, will Steinbrück sich das außenpolitische Credo »Wandel durch Annäherung« zu eigen machen. »Dass Vertreter von Nichtregierungsorganisationen in Russland gegängelt und Stiftungsbüros durchsucht werden, ist nicht akzeptabel«, sagte der SPD-Kanzlerkandidat im Vorlesungssaal, wo nur wenige Plätze frei geblieben waren. »Trotzdem bin ich für eine enge Partnerschaft mit Russland. Denn nur durch Annäherung sind auch Veränderungen möglich«, fügte er hinzu. Wie genau er sich diese Veränderungen vorstellt, erklärte Steinbrück nicht.

Außenpolitische Vorbilder des Sozialdemokraten sind neben Brandt und Bahr auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ex-Außenminister Joseph Fischer. »Die USA sind nicht mehr in der Lage, die viel geschmähte und doch unverzichtbare globale Ordnungsmacht zu spielen«, zitierte Steinbrück den Grünen-Politiker. Deswegen müsse Europa eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln und mit den USA sowie Russland kooperieren. Die zukünftige europäische Zusammenarbeit müsse von der Achse Paris-Berlin-Warschau ausgehen.

Natürlich soll Europa - wenn es nach Steinbrück ginge - nicht nur enger zusammenarbeiten, sondern auch demokratischer werden. Etwas schwammig versprach er, sich für mehr Transparenz und die Einbindung der Zivilgesellschaft in der Europäischen Union einzusetzen. Zudem sei es wichtig, dass das Europaparlament mehr Rechte erhält. »Deutschland, Frankreich und Polen könnten sich für einen europäischen Konvent starkmachen, der die Demokratiedefizite der EU bereinigt«, stellte Steinbrück in Aussicht. Denn auf EU-Ebene gebe es momentan keine echte Gewaltenteilung. Die Exekutive der Staaten - vertreten im EU-Ministerrat - hat einen großen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung.

Die deutsche Afrikapolitik wurde von Steinbrück ausgeklammert. Für ihn steht lediglich fest, dass Deutschland »mehr Geld für Entwicklung« bereitstellen müsse. Kontinuität deutete er in der deutschen Kriegspolitik an. Steinbrück lobte indirekt die deutsche Beteiligung am NATO-Angriffskrieg auf Jugoslawien und den bis heute andauernden Bundeswehreinsatz in Afghanistan: »Gerhard Schröder hat dafür gesorgt, dass Deutschland internationale Verantwortung übernimmt.« Die Kriege der Zukunft sollen allerdings nicht so geführt werden, wie es sich Schwarz-Gelb vorstellt. »Ich komme zu der Feststellung, dass Deutschland keiner Drohnen bedarf«, erklärte Steinbrück. Gezielte Tötungen durch die unbemannten Flugzeuge bezeichnete er als »völkerrechtlich fragwürdig«.

Viele Studierende nickten hier zustimmend und applaudierten lange, nachdem Steinbrück zu Ende gesprochen hatte. In der anschließenden Fragerunde bedankten sich die jungen Menschen artig bei dem SPD-Kandidaten für seinen »interessanten Vortrag«. Ein Student merkte allerdings kritisch an, dass die Rede in weiten Teilen auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte sein können.

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