Es wird eng für viele Binnenschiffer

Durch das Hochwasser erzwungene Liegezeiten kosten 1000 bis 2000 Euro pro Tag - nicht jeder Betrieb verkraftet das

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Wegen des Hochwassers hängen viele Güterschiffe seit fast zwei Wochen auf den deutschen Wasserstraßen fest. Jeder Tag bedeutet für sie enorme Verluste. Branchenexperten gehen davon aus, dass dadurch vor allem Binnenschiffer im Familienbetrieb vor dem Aus stehen können.

Würzburg (dpa/nd). Wegen des Hochwassers in Deutschland sind zahlreiche kleine Binnenschiffer dem Branchenverband zufolge in ihrer Existenz bedroht. Die deutsche Güterschifffahrt sei ohnehin bereits seit vielen Jahren aufgrund von Überkapazitäten aus dem Ausland belastet. »Für Betriebe, die deshalb bisher eher knapp überlebt haben, kann das Hochwasser nun eine negative Initialzündung sein«, sagte Martin Staats, Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt, im dpa-Gespräch in Würzburg. Das betreffe vor allem selbstständige Binnenschiffer, die nur ein bis zwei Schiffe über die Flüsse steuern. Der Verband rechnet insgesamt mit Millionenschäden für die deutschen Binnenschifffahrtsunternehmen.

Wegen des teils dramatischen Hochwassers warten einige Schiffe bereits seit etwa zwei Wochen auf ihre Weiterfahrt. Das betrifft vor allem die Verbindung vom Rhein über den Main zur Donau und bis nach Ungarn sowie die Elbe. Diese ungeplanten Liegezeiten würden einen Schiffseigner zwischen 1000 und 2000 Euro pro Tag kosten. »Das heißt nicht, dass er sonst einen Tageslohn von 2000 Euro hat. Davon muss er Personal, Diesel, Kapitalkosten und viele weitere Betriebskosten zahlen«, so Staats. Und selbst wenn die Schifffahrt auf allen Flüssen wieder freigegeben wird, so gebe es erneute Wartezeiten an den Schleusen. »Bis sich diese gordischen Knoten aufgelöst haben, werden ein paar Wochen ins Land gehen.«

Das Wasser fällt

Trotz sinkender Pegelstände bleibt die Lage an vielen Orten im Hochwassergebiet angespannt. Um den Deichbruch bei Fischbeck in Sachsen-Anhalt so gut wie möglich abzudichten, versenkte die Bundeswehr am Montag Betonröhren, wie der Krisenstab der Landesregierung mitteilte. Es solle so wenig Wasser wie möglich durch die Stelle fließen. Drei am vergangenen Wochenende versenkte Lastkähne dichten den gebrochenen Deich bereits ab - am ursprünglich rund 90 Meter langen Deichbruch fließe nur noch auf sieben bis zehn Metern Breite Wasser durch, hieß es.

Noch immer sind etwa 145 Quadratkilometer im Elbe-Havel-Winkel überflutet. Am schleswig-holsteinischen Abschnitt der Elbe bleibt der Katastrophenalarm vorerst bestehen. In Mecklenburg-Vorpommern dagegen wurde der Katastrophenalarm am Montagmittag aufgehoben. Nach mehr als zwei Wochen besteht in Sachsen keine Hochwasserwarnung mehr. (dpa/nd)

Stillstand wegen zu hohen Wasserständen, zugefrorenen Flüssen oder Schleusenwartungen kennen die Binnenschiffer natürlich. »Es gibt diese Elementarrisiken, mit denen die Schifffahrt seit Jahrhunderten lebt.« Doch weil im Ausland, vor allem in den Niederlanden, trotz des seit Jahren gleichbleibenden Transportvolumens immer mehr Schiffe gebaut werden, ist die Branche durch Überkapazitäten belastet. Durchschnittlich werden rund 230 Millionen Tonnen Fracht über die deutschen Flüsse zu ihrem Ziel befördert. Laut Statistik gibt es etwa 1000 deutsche Gütermotorschiffe. Etwa 400 davon werden von Familienunternehmen, die ein Schiff besitzen, gelenkt.

Aufgrund der Überkapazitäten seien die Preise gesunken, die Schiffer bekommen für die gleiche Leistung weniger Geld. »Die Betriebskosten sind jedoch im gleichen Zeitraum gestiegen. Das ist eine Kurve, die passt nicht zusammen.« Die finanziellen Verluste durch das Hochwasser könnten deshalb bei Kleinbetrieben soweit gehen, dass sie aufgeben müssen.

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