Deutsch lernen in der Kita?
Lernen Migrantenkinder, die eine Kita besuchen, besser die deutsche Sprache?
Lernen Migrantenkinder, die eine Kita besuchen, besser die deutsche Sprache als jene, die bis zur Einschulung zu Hause betreut werden? Eine Auswertung der Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung in Berlin legt den Schluss nahe, dass die Kita der richtige Ort für Migrantenkinder ist, Deutsch zu lernen. In der Hauptstadt entbrannte sogleich ein Streit darüber, ob mit einer Kita-Pflicht dem Problem beizukommen sei. Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) meinte gar, dass es »kaum ein so erfolgreiches Instrument für die Chancengleichheit wie den Kitabesuch« gebe.
Sowohl die Ausgangsfrage als auch die Schlussfolgerungen der Politik gehen allerdings von der Annahme aus, dass der Spracherwerb in erster Linie ein Problem der ethnischen Herkunft ist. Eine andere Berliner Studie, deren Veröffentlichung allerdings schon rund eineinhalb Jahre zurückliegt, kam nämlich zu dem Schluss, dass ein jahrelanger Kita-Besuch längst nicht eine Garantie für ausreichende Sprachkenntnisse ist. Und betroffen sind längst nicht nur Kinder mit sogenanntem Migrationshintergrund. Ursache für mangelhafte Sprachfertigkeiten, Probleme in der Grammatik und beim Verstehen komplizierterer Sätze haben auch Kinder aus »biodeutschen« Familien.
Die gemeinsame Klammer ist die soziale Herkunft, das Milieu, das gemeinhin als »bildungsfern« charakterisiert wird. Der Nachwuchs des türkischstämmigen Chirurgen wird ohne größere Probleme des Deutschen mächtig werden - ganz egal, ob er von einer »Nanny« oder in der Kita betreut wurde. Selbst ein verpflichtender Kita-Besuch kann die ungleiche Verteilung von Chancen nicht wegzaubern. Chancengleichheit ist keine Aufgabe der Bildungspolitik, sondern eine der Sozial- und Wirtschaftspolitik.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.