Vom Müssen und Wollen
Fabian Lambeck über die Notwendigkeit vieler, zusätzlich Einkommen zu erzielen
Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zumindest sind eindeutig: Immer mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben einen Zweitjob. Soweit, so klar. Doch wie ist dieser Trend zu bewerten? Wollen oder müssen die Betroffenen mehr arbeiten? Hat das Bundesarbeitsministerium recht, wenn es behauptet, die Verdopplung der Minijobs innerhalb von zehn Jahren sei Ausdruck einer gestiegenen Konsumlust?
Es mag sie geben, die konsumfreudigen Arbeitnehmer, die voller Begeisterung einem erfüllenden Zweitjob nachgehen, um sich Shopping-Träume zu erfüllen. Doch viele Anzeichen deuten darauf hin, dass diese Gruppe sehr viel kleiner ist als jene, die auch nach Feierabend weitermalocht, um über die Runden zu kommen.
So sind die Löhne in den letzten Jahren oft geringer gestiegen als die Lebenshaltungskosten. Gleichzeitig hat das Gehaltsgefälle deutlich zugenommen. Während etwa Facharbeiter in der Automobilbranche relativ gut verdienen, breitet sich der Niedriglohnsektor anderswo rasch aus. In der Bundesrepublik hat sich eine Kaste von Geringverdienern herausgebildet.
Auch das Argument der Regierung, dass es für Wissenschaftler mittlerweile normal sei, mehrere Jobs anzunehmen, kann nicht überzeugen. Denn Zweitjobs boomen vor allem in Branchen wie dem Gastgewerbe oder dem Einzelhandel. Dass der Physikprofessor abends kellnert, um seine Konsumlust befriedigen zu können, erscheint dann doch zu abwegig.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.