Der DFB will keine Blutpässe

Mannschaftsarzt der deutschen Nationalelf sieht keine Anhaltspunkte für Blutdoping im Fußball

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Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat seine Strategie im Kampf gegen Doping erneut verteidigt und eine Ausweitung der Blutkontrollen auf die Erstellung von Blutpässen vorläufig ausgeschlossen. »Da wir überhaupt keine Hinweise auf eine Verbreitung von ausdauerwirksamen Dopingmethoden im deutschen Fußball haben, auch nicht vom Hörensagen oder durch andere Indizien, erscheinen uns aktuell die Blutprofile mit der Notwendigkeit häufiger Blutentnahmen nicht verhältnismäßig«, sagte Tim Meyer, Teamarzt der Nationalmannschaft, im Interview mit »dfb.de«.

Blutprofile, wie sie im Radsport oder der Leichtathletik üblich sind, würden »ausschließlich auf Ausdauerdoping, also auf Epo oder Blutdoping abzielen«, sagte Meyer: »Uns scheinen aber anabol wirksame Substanzen nach wie vor die im Fußball wahrscheinlichste Klasse von Dopingmitteln, die eingesetzt werden könnten.«

In der laufenden Saison werden erstmals durch die Nationale Anti Doping Agentur NADA 15 Prozent der in etwa 500 Trainingskontrollen als Bluttests durchgeführt. Diese deckten »eine Lücke ab, die vorher bestand«, gab Meyer zu: »Nun ist ein Nachweis von Wachstumshormonen und Epo-Nachfolgeprodukten sowie Blutdoping möglich.« Urin sei aber weiterhin »für den weitaus größten Anteil der Substanzen auf der Dopingliste das beste Nachweismedium«.

Der Sportarzt wehrte sich gegen die Behauptung, dass »Blutkontrollen den Urinproben generell überlegen« seien. Dennoch werde überlegt, »vielleicht in einigen Jahren einen größeren Anteil von Urin- auf Blutproben« umzustellen. »Die Spieler würden es begrüßen. Auf Urin muss man manchmal quälend lange warten. Blut gibt›s gleich«, sagte Meyer.

Die als zu gering kritisierte Gesamtzahl der Dopingtests (2200 Urin- und Blutkontrollen pro Saison) verteidigte Meyer. Durch den engen Fußballkalender seien Wettkampfkontrollen immer auch eine Art Kontrollen der vergangenen Trainingstage. »Das mag bei einem Radfahrer, Schwimmer oder Leichtathleten mit weniger Wettkämpfen und längeren Trainingsphasen anders zu werten sein.« Der unverletzte Profifußballer stehe aber »jede Woche im Wettbewerb, die Nationalspieler in den Spitzenklubs oft dreimal binnen acht Tagen«, sagte Meyer.

Als jemand, »der gewiss engen Kontakt zur Sportartpraxis hat, sehe ich keine Anhaltspunkte dafür, dass im deutschen Profifußball in relevantem Umfang gedopt wird«, sagte der Teamarzt, der die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw auch bei der WM in Brasilien begleiten wird. In einfacher aufgebauten Ausdauer- und Kraftsportarten würden Meyer zufolge durch Doping wesentlich größere sportartspezifische Leistungseffekte erzielt, als es im Fußball möglich wäre. Insofern sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis für potenzielle Doper im Fußball ungünstiger. Trotzdem wäre es »natürlich falsch zu behaupten, Doping sei im Fußball ohne Effekt«, so Meyer. SID

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