DGB warnt vor »Mainz-Falle« auch in andern Branchen

Zugausfälle der Bahn wegen Personalmangel nur Spitze des Eisbergs / Sogar minderjährige Azubis müssen wegen fehlender Stellen Überstunden machen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (Agenturen/nd). Nach wochenlangen Ausfällen sind am Mainzer Hauptbahnhof die Züge am Wochenende vorübergehend wieder normal gefahren. Es gelte der sonst übliche Fahrplan, teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn mit. Auch an den anderen August-Wochenenden sollen in Mainz keine Züge mehr ausfallen. Unter der Woche gilt allerdings noch bis Ende des Monats ein eingeschränkter Fahrplan.

Seit zwei Wochen fallen am Mainzer Hauptbahnhof Züge aus oder müssen umgeleitet werden. Grund ist ein Personalmangel im Stellwerk. Dies hatte zu einer bundesweiten Debatte über Engpässe bei der Deutschen Bahn geführt.

Derweil hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Jan Mücke, die Vermutung geäußert, die Zugausfälle in Mainz könnten von der Bahngewerkschaft EVG gezielt als Druckmittel eingesetzt worden sein, um gegenüber dem Bundesunternehmen eine Personalaufstockung durchzusetzen. »Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen«, sagte der FDP-Politiker Mücke dem Focus. »Die Koinzidenz von Verhandlungen und Ausfällen in Mainz ist schon auffällig.«

Vertreter der Bahngewerkschaft EVG wiesen laut dem Magazin allerdings jede Einflussnahme zurück. In der vergangenen Woche konnte die EVG der Bahn die Zusage abhandeln, die Personalpläne zu überprüfen, und weitere Mitarbeiter einzustellen.

Unterdessen warnte der gewerkschaftliche Dachverband DGB vor der »Mainz-Falle« auch in anderen Branchen. Die Zugausfälle dort seien ein Symptom für Arbeitsplatzabbau und Überstundenberge. »Das ist nur die Spitze des Eisbergs«, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord der Nachrichtenagentur dpa. Auch in anderen Branchen gebe es einen - teils verdeckten - Personalmangel, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Einzelhandel sowie in der Gesundheitsbranche.

»Der Kostendruck ist in vielen Firmen hoch, die Gewinnerwartung auch. Infolgedessen wird Personal reduziert, die Arbeitszeiten für die übrigbleibenden Beschäftigten sind randvoll ausgefüllt, mehr stressbedingte Krankheitsfälle eine weitere Folge«, sagte Polkaehn. Er verwies unter anderem darauf, dass teilweise sogar minderjährigen Azubis Mehrarbeit leisten würden, was sie gemäß Jugendarbeitsschutzgesetz gar nicht dürften. »Das ist kriminell«, so Polkaehn.

»Irgendwann holt die verfehlte Unternehmenspolitik - Sparen, Sparen, Sparen - das Image des Unternehmens wieder ein - siehe Bahn, Karstadt oder Praktiker«, so Polkaehn. Die Antwort der Industrie und der Dienstleister müsse lauten: »Besser statt billiger«.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal