Der Hafen und das Geschäft mit dem Krieg

Hamburg beherbergt zahlreiche Rüstungsbetriebe

  • Reinhard Schwarz, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einer Barkasse schipperten Teilnehmer einer alternativen Hafenrundfahrt über die Elbe. Eingeladen hatten zwei grüne Bundestagskandidaten, die eine Beschränkung von Rüstungsexporten fordern.

Erhält der Hamburger Besuch aus dem Süden der Republik, gehört meist eine Hafenrundfahrt zum Pflichtprogramm. Doch die Gäste bekommen in der Regel nur die Schokoladenseite der Hansestadt zu sehen. Die Hamburger Grünen luden im Wahlkampf zu einer alternativen Hafenrundfahrt, bei der den Teilnehmern auch die Schattenseiten des maritimen Flairs gezeigt und erläutert wurden: Rüstungsbetriebe. Zudem wird über den Hamburger Hafen Militärgerät in alle Welt verschickt. Die beiden Bundestagskandidaten der hanseatischen Grünen, Anja Hajduk und Manuel Sarrazin, informierten die rund 50 Teilnehmer der Fahrt über das Geschäft mit dem Krieg. Unterstützt wurden sie von Michael Kellner, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationale Politik der Grünen.

Im gemächlichen Tempo geht es in der Barkasse »Diplomat« bei strömenden Regen kreuz und quer durch den Hafen. Eine Anlaufstelle: Blohm + Voss gegenüber den St. Pauli Landungsbrücken. Das Unternehmen stellte bereits für die deutsche Marine im Zweiten Weltkrieg U-Boote her. Wer im Internet Blohm + Voss Naval anklickt, landet bei der Webseite von ThyssenKrupp Marine Systems und kann sich dort über die Produktpalette informieren. In der Eigenwerbung heißt es: »Das Unternehmen ist einer der führenden, global agierenden Systemanbieter für U-Boote und Marineüberwasserschiffe.« Blohm + Voss Naval in Hamburg und in Emden gehören demzufolge zu ThyssenKrupp Marine Systems.

»Deutschland ist der drittgrößte Exporteur von Rüstungsprodukten«, erläutert Anja Hajduk. Zwei Drittel der Güter würden an Drittstaaten geliefert, die nicht der NATO angehören. Dazu zählen Saudi Arabien, Katar, aber auch Singapur oder Irak. Federführend beim Rüstungsexportgeschäft sei derzeit das Wirtschaftsministerium. Nach dem Willen der Grünen soll in einer zukünftigen rot-grünen Regierung die Kompetenz in das Auswärtige Amt übergehen. Hinsichtlich der Hoffnung, in einem Regierungsbündnis mit der SPD die Rüstungsexporte zu reduzieren, ist zumindest Skepsis angebracht, da unter der rot-grünen Schröder/Fischer-Regierung von 1998 bis 2005 etwa die Exporte von Waffentechnik nach Saudi Arabien von 26,1 auf fast 60 Millionen Euro angestiegen waren. Das autoritäre Regime erhielt Raketenteile, Maschinengewehre, Pistolen, Munition und Granaten, ebenso Teile für Kampfflugzeuge, Funküberwachungssysteme und Militärboote.

»Rüstungsexporte verstoßen gegen grüne Grundsätze«, sagt Friedensforscher Kellner. Über Militärexporte entscheide der geheim tagende Bundessicherheitsrat. Wer sich über die Ausfuhr von Kriegsgerät informieren wolle, sei auf die schwer lesbaren Rüstungsexportberichte angewiesen, die alle zwei Jahre erscheinen.

Dann tuckert die »Diplomat« an dem Airbus-Gelände auf der südlichen Elbseite bei Finkenwerder vorbei. Der Konzern EADS, der sich demnächst in »Airbus« umbenennen will, entwickelt derzeit den neuen A 400 M Militärtransporter, der irgendwann die veraltete Transall ablösen soll - ein milliardenschwerer Auftrag. Darüber hinaus stellt die EADS-Tochter Eurocopter auch den Kampfhubschrauber »Tiger« her, der kürzlich in Afghanistan zum Einsatz kam, sowie den neuen Transporthubschrauber NH90, der Negativschlagzeilen wegen seiner zahlreichen Mängel machte.

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