Ed Miliband bei den Gewerkschaftern

Der Labour-Chef will die Beziehungen zu den Arbeitnehmerorganisationen reformieren

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Kurz vor zwölf Uhr mittags. Nicht Gary Cooper bekämpft im Wilden Westen das Böse, sondern Labour-Chef Ed Miliband steht in der Rentneridylle Bournemouth den Chefs der britischen Gewerkschaften gegenüber. Ihr Verhältnis zur Partei bleibt gespannt.

Vor 113 Jahren hatten die Gewerkschaften die Partei gegründet. Seither genießen sie eine privilegierte Position bei Labour. Sofern ihre Mitglieder sich nicht ausdrücklich weigern, zahlen diese in einen politischen Fonds ein, der der Partei zugute kommt und ein Viertel von Labours Gesamteinkommen ausmacht. Gewerkschaftsführer stimmen bei Labour-Parteitagen und bei der Wahl des Parteichefs im Namen ihrer Mitglieder mit. So haben sie beispielsweise Ed statt des bekannteren, aber allzu blairfreundlichen Bruders David ins Amt des Oppositionsführers gehievt. Während die Konservativen das Undemokratische an solchen Verfahren bemängeln, beklagen Gewerkschafter hinter vorgehaltener Hand, dass sie für ihr Geld eher zu wenig Einfluss auf die Labour-Politik besitzen. Sie fühlen sich etwa durch Labours Unterstützung von Nullrunden im öffentlichen Dienst düpiert.

Bei seinem jüngsten Auftreten vorm Dachverband Trades Union Congress (TUC) hatte der Labour-Chef drei Adressaten: skeptische Kollegen im Saal, die öffentliche Meinung im Lande und eine Presse, die Miliband trotz Erfolgen wie dem britischen Nein zum Syrien-Krieg am liebsten als Waschlappen abtut. Den Gewerkschaftern brachte er »Geschenke« mit, lehnte die überhand nehmenden Arbeitsverträge mit Kurzarbeit null ab, plädierte nicht nur für den von Labour-Finanzminister Gordon Brown eingeführten Mindestlohn, sondern für den höheren »living wage«, von dem Arbeitnehmer auch bei hohen Preisen noch anständig leben könnten. Es fehlt an bezahlbaren Wohnungen, die Bahnfahrscheine sind zu teuer. Miliband versprach ein Wohnungsbauprogramm, will die Rückwandlung der Bahn in öffentliches Eigentum prüfen.

Von seinem Plan für die Reform der Beziehungen zwischen Partei und Gewerkschaften waren viele Zuhörer weniger erbaut. Dabei sind Einzelheiten noch nicht publik geworden; man weiß nur, dass Miliband im Frühjahr 2014 auf einem Sonderparteitag das Ende des Blockstimmrechts ankündigen will. Logisch, denn von drei Millionen Mitgliedern, die ihren Obolus in die politischen Fonds der Gewerkschaften entrichten, wählen vielleicht nur die Hälfte Labour. Statt Millionen zahlender Karteileichen hoffen die Parteireformer, vielleicht ein Zehntel als voll zahlende Mitglieder zu gewinnen. Das sei zeitgemäßer und praktischer, so Miliband.

Gewerkschafter wie Paul Kenny von der General and Municipal Workers Union bleiben skeptisch, wollen Miliband durch Geldentzug bestrafen und nächstes Jahr ihren Beitrag an die Partei um 90 Prozent kürzen. Der linke Dave Prentis von UNISON, einer Art ÖTV, warnt den Parteichef vor irrelevanten Kämpfen innerhalb der Arbeiterbewegung, während sich die Tories die Hände reiben. Andererseits unterstützt Len McCluskey, linker Generalsekretär von UNITE, die Reformpläne als Werk eines echten Führers.

Miliband kann jedenfalls als Reformer nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Er muss den Modernisierungskampf gewinnen, sonst frisst ihn die Rechtspresse mit Haut und Haaren. Die Verbindung zu den Gewerkschaftsführern auflockern, indem man sich deren Mitgliedern mit politischen Inhalten nähert - das wäre ein anzustrebendes, von New Labour aber meilenweit entferntes Ziel. Und dann könnte sich Miliband guten Gewissens den von Industriellen und Hedgefonds-Betreibern ausgehaltenen Tories zuwenden.

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