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Alle Signale stehen auf Rot

Um Leipzigs neuen Citytunnel anzubinden, wird der Hauptbahnhof bis Sonntag voll gesperrt

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Zum Fahrplanwechsel im Dezember soll der Leipziger Citytunnel in Betrieb gehen. Um ihn an das Schienennetz anzuschließen, muss der Hauptbahnhof jetzt aber erst einmal vier Tage völlig stillgelegt werden.

Es fährt kein Zug nach nirgendwo: Auf dem Leipziger Hauptbahnhof, auf dem pro Tag normalerweise 76 000 Bahnpassagiere ein-, um- und aussteigen, herrscht seit dem heutigen Mittwoch Stille - und zwar für 96 Stunden. »Alle Signale stehen auf Rot«, heißt es bei der Deutschen Bahn. Erst am Sonntag ab acht Uhr wird der Bahnknoten, der zu den größten Kopfbahnhöfen in Europa gehört, zu gewohnter Geschäftigkeit zurückkehren.

Grund für die ungewohnt lange Pause ist, dass Leipzig ab Ende des Jahres nicht mehr nur Kopf-, sondern zugleich Durchgangsbahnhof werden soll. Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember soll der Citytunnel in Betrieb genommen werden, eine rund zwei Kilometer lange Röhre, die unter dem Stadtzentrum hinweg eine direkte Verbindung in Richtung Süden zum Bayrischen Bahnhof herstellt. Das Bauwerk, an dem seit zehn Jahren gewerkelt wird, soll eigentlich seit vier Jahren in Betrieb sein. Die Kosten haben sich gegenüber den ursprüngliche Plänen auf knapp eine Milliarde Euro verdoppelt.

Zwar wird der Tunnel entgegen zeitweiligen Wunschträumen nicht von den Zügen genutzt, die Hamburg und Berlin mit München verbinden. Sie rollen nach deren Fertigstellung über eine neue Trasse durch den Thüringer Wald; Leipzig wird von den ICE dann sogar seltener angefahren als bisher.

Ausstieg unterm Markt

Immerhin erlaubt der Tunnel aber, das Netz der S-Bahnlinien neu zu ordnen, die Leipzig nicht nur mit Halle, sondern auch mit Städten wie Altenburg, Zwickau und Hoyerswerda verbinden. Insgesamt sechs dieser Linien rollen ab Dezember im Fünfminuten-Takt durch den Tunnel; Haltepunkte ermöglichen es den Einkaufstouristen, die man in großer Zahl erhofft, mitten im Zentrum unterm Markt aus dem Zug zu steigen.

Bevor es freilich so weit ist, muss der Tunnel ins Schienennetz eingebunden werden - wozu die viertägige Sperrung dienen soll. In den vergangenen Tagen wurden schon zwei Brücken angeschlossen; zudem wurden Bauweichen ab- und neue Weichen eingebaut, Oberleitungen, Signale und Weichenheizungen angeklemmt. Bis Sonntag, erklärt die Bahn, würden nun Hunderte Weichen- und Signalsteuerungen getestet und Software in den elektronischen Stellwerken neu aufgespielt. Ein Zugbetrieb sei in der Zeit »aus Sicherheitsgründen« nicht möglich.

Für Bahnreisende bringt das vor allem eines: Unannehmlichkeiten. Fernzüge etwa zwischen Dresden und Frankfurt halten nur an der Leipziger Messe; wer in die Stadt will, muss Busse und Straßenbahnen nutzen, deren Takt teilweise verstärkt wurde. ICE von München nach Berlin halten statt in Leipzig in Halle, Naumburg und Bitterfeld; von dort gibt es Schienenersatzverkehr. Auch S-Bahnen und Regionalzüge enden in der Regel am Stadtrand; danach muss der Nahverkehr genutzt werden, wobei die Bahntickets gültig sind. Teilweise gebe es längere Reise- und frühere Abfahrtszeiten, warnt die DB. Sie hat viele Aushänge gedruckt und gibt die Änderungen auch bei der Internet-Auskunft an.

Probefahrten im Herbst

Abgeschlossen sind die Arbeiten auch am Sonntag nicht; sie werden den Zugbetrieb jedoch nicht mehr beeinträchtigen. Ab Anfang Oktober soll es Messfahrten durch den Tunnel geben, Mitte des Monats beginnt der Probebetrieb. Einen Notfall mit einem brennenden Zug hatten Rettungskräfte bereits vor kurzem geprobt. Nicht nur die Bahn hofft, dass es bei einer Probe bleibt, wenn Zugreisende ab Dezember dann in Leipzig endlich in die Röhre gucken können.

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