Neuer Vorschlag für EU-Agrarreform

Ministerin Aigner setzt Ausnahmen bei Direktzahlungen durch

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.
Vertreter von EU-Ministerrat und Europaparlament haben sich über die noch strittigen Punkte der zukünftigen Agrarpolitik (GAP) verständigt.

Bis zum späten Dienstagabend saßen die Unterhändler in Brüssel zusammen, um die letzten umstrittenen Punkte der EU-Agrarreform zu klären. Am Ende stand ein Kompromissvorschlag für den größten europäischen Haushaltsposten: Große Landwirtschaftsbetriebe erhalten fast überall weniger Geld; in Deutschland, Tschechien und Großbritannien hat die Lobby der Großbetriebe erreicht, dass eine Ausnahmeregel angewendet werden kann.

So setzt die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) auf ein Modell, nach dem Betriebe für die ersten 30 Hektar eine erhöhte Prämie erhalten, die Grenzen nach oben aber offen bleiben. Das nützt besonders Betrieben im Osten und Norden der Republik. Andernorts in Europa müssen landwirtschaftliche Großbetriebe mit Kürzungen von mindestens fünf Prozent bei EU-Direktzahlungen von mehr als 150 000 Euro pro Jahr rechnen. Das EU-Parlament hatte weitere Kürzungen ab Summen von 300 000 Euro gefordert. Aigner, die künftig wieder in Bayern aktiv sein will, war zufrieden, dass die Forderungen des Parlaments nach einer stärkeren Umverteilung sich nicht durchsetzen konnten.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte, dass damit »auch den Bodenspekulanten und industriellen Kapitalanlegern Steuergelder in Millionenhöhe, und zwar ohne jegliche Begrenzung nach oben«, ermöglicht würden, so der AbL-Vorsitzende Bernd Voß.

Umweltschutzorganisationen warnen vor einem »Scheitern der Reform in letzter Minute«. BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning kritisierte zudem, dass die Vorlage zum »Greening« dahingehend geändert wurde, dass der Einsatz von Pestiziden auf ökologischen Vorrangflächen möglich ist.

EU-Agrarkommissar Dacian Cioloș, der 2010 für einen ökologischen Kurswechsel angetreten war, musste im Verlauf der zähen Verhandlungen viele Abstriche an seinen ambitionierten Pläne machen. Trotzdem sei er »hocherfreut, dass wir jetzt die Reform als Ganzes zum Abschluss bringen konnten«, so Cioloș.

An anderer Stelle sind die EU-Minister dem Parlament entgegen gekommen: So kann die EU einen höheren Anteil bei der Finanzierung von Projekten für die ländliche Entwicklung in besonders strukturschwachen Gebieten übernehmen - in der Regel bis zu 85 Prozent. Die Staaten hatten zehn Prozent weniger gewähren wollen.

Darüber hinaus will die EU künftig junge Leute stärker ermutigen, in die Landwirtschaft einzusteigen. Dazu sollen die bisherigen Mittel in den Jahren 2014 bis 2018 um 25 Prozent erhöht werden.

Nächste Woche soll der EU-Agrarausschuss die Einigung absegnen, bevor voraussichtlich im November das Plenum des Parlaments abstimmt. Ob die konservativen Unterhändler des Parlaments ihre Kollegen überzeugen können, ist ungewiss.

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