6,24 Cent für die Energiewende

Industrierabatte und gesunkene Börsenstrompreise lassen die Ökostromumlage steigen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Die vier Stromnetzbetreiber gaben am Dienstag die Höhe der EEG-Umlage für nächstes Jahr bekannt. Sie steigt sich um knapp 20 Prozent.

Auf die privaten Haushalte wird nächstes Jahr eine Strompreiserhöhung zukommen. Grund ist die sogenannte EEG-Umlage. Wie die vier Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW am Dienstag mitteilten, steigt diese zum Jahreswechsel von 5,277 auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde. Gewerkschaft und Parteien forderten deshalb eine sozialere Gestaltung der Energiewende.

Ein durchschnittlicher Familienhaushalt muss mit der Umlagenerhöhung gut 60 Euro mehr im Jahr für seine Elektrizität berappen. Doch fällt die Steigerung mit knapp 20 Prozent weniger drastisch aus als im letzten Jahr. Damals stieg die Ökostromumlage von 3,592 um knapp die Hälfte auf 5,277 Cent pro Kilowattstunde und löste damit eine Debatte über explodierende Strompreise aus. Auch dieses Jahr nutzten Verbände die Bekanntgabe der Höhe der EEG-Umlage, um Einfluss auf die Gestaltung der Energiewende zu nehmen.

Schließlich sollen mit dieser Abgabe die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren auf die Verbraucher verteilt werden. So erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber, dass die EEG-Umlage 56 Millionen Euro pro Tag koste, wovon die Wirtschaft fast 30 Millionen trage. »Industrieentlastungen bleiben für energieintensive Industrieunternehmen und ihre Belegschaften aufgrund des internationalen Wettbewerbs überlebenswichtig«, verteidigte Kerber jedoch den Umstand, dass sich immer mehr Unternehmen nicht mehr an den Kosten der Energiewende beteiligen.

Und genau diese Befreiungen machen die EEG-Umlage für die verbliebenen Verbraucher noch teurer. Einer Studie der Grünen zufolge machen die vermehrten Industrierabatte nämlich rund 25 Prozent des Anstiegs der Umlage aus. Der Zubau der Erneuerbaren war indes nur noch für 13 Prozent verantwortlich. Am meisten Einfluss auf die EEG-Umlage hatten dieses Jahr aber die gesunkenen Börsenstrompreise. Sie trugen rund die Hälfte zum Anstieg bei.

Denn da die Betreiber von Ökostromanlagen einen festen Vergütungssatz für ihren Strom bezahlt bekommen, erhöht sich die EEG-Umlage, wenngleich sich die Produktionskosten für Elektrizität senken. »Die steigende Umlage muss am Ende des Jahres nicht zu höheren Strompreisen führen«, kommentierte dies die stellvertretende Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn. Würden die Stromversorger die günstigen Einkaufspreise weitergeben, wäre dies ein Nullsummenspiel mit der jetzt gestiegenen Umlage.

Für ihre Kollegin bei der LINKEN, Caren Lay, ist eine staatliche Preisaufsicht deshalb unerlässlich. »Die neue Bundesregierung muss schleunigst ein Konzept vorlegen, wie die Kosten der Energiewende gerecht verteilt werden, statt diese einseitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abzuwälzen«, forderte Lay und verwies darauf, dass die Vorschläge ihrer Partei einen durchschnittlichen Haushalt um rund 210 Euro entlasten könnten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte, die EEG-Umlage von der Mehrwertsteuer auszunehmen. Die neuen Zahlen dürften jedoch nicht dazu verleiten, die Energiewende zu stoppen, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel. Denn der erfolgreiche und dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien sei nötig. »Das schafft gleichzeitig dauerhaft Arbeitsplätze«, so Hexel. Um die Folgen für einkommensschwache Haushalte abzufedern, hält er eine »soziale Gestaltung der Grundstrommenge« für erforderlich.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal