Freiheit an der Leine
Klaus Joachim Herrmann über die Bewährung für Alexej Nawalny
Fünf Jahre Lager waren vom Gericht in Kirow für Alexej Nawalny verhängt. Nun ist Bewährung herausgekommen. Der Angeklagte ist in Freiheit und doch an der Leine. Denn die Strafe bleibt angedroht. Zur Vollstreckung bedürfte es nur einer Verfehlung. Worin die bestehen könnte, das ließe sich finden. Es müsste nicht einmal überzeugend sein, wie schon die erste Anklage offenbarte. Weitere Verfahren laufen ja noch.
Der Verurteilte sollte sich also vorsehen. Das ist nicht zuerst eine juristische Botschaft, sondern eine politische Warnung. Denn bei Nawalny handelt sich - auch nach einem in Russland durchaus verbreiteten Verständnis - nicht um einen schlichten Betrüger. Hier geht es vielmehr um einen erfolgreichen Oppositionellen. Als solcher hat er Wirbel und Verdruss bei Regierenden verursacht. Er ist auch für nationalistische Sprüche gut und könnte sich verbreitenden Unmut binden.
Eine Bewährung hat Nawalny bereits absolviert. Zur Wahl des Moskauer Bürgermeisters wurde seine Haft ausgesetzt. Das bedeutete nicht nur etwas Freiheit für ihn, sondern nutzte auch der Obrigkeit. Vielleicht noch nie sah hier eine Wahl so schön demokratisch aus. Wenn auch noch eine Berufung gut ausgeht wie diese für Nawalny, sollte eine zweite gewagt werden. Vielleicht bekommt Freiheit dann eine längere Leine.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.