Streitfall Social Media

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach Bayern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hat nun auch Rheinland-Pfalz eine Richtlinie im Umgang mit sozialen Netzwerken, den Social Media, erstellt, der Lehrern den Gebrauch von Social Media für jegliche schulische Angelegenheiten untersagt. Dies gilt sowohl für Informationen Personen betreffend, wie Noten oder Fehlzeiten, als auch für Organisatorisches oder das Nutzen der Social Media als Lernplattform. Auf www.tagesschau.de (bit.ly/HhysAA) verteidigt der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Bundeslandes Klaus Globig diese Entscheidung: »Der Grund ist, dass Facebook die Daten, insbesondere die Nutzungsdaten, die Auskunft darüber geben, wer wann wie lange und mit welchen Aktionen Facebook genutzt hat, auswertet und kommerziell nutzt.«

Das klingt vernünftig, doch hinter allem liegt ein Konflikt, der die Gesellschaft und auch Schule als exponierter Ort noch länger beschäftigen wird. Erweitert um den konkreten, überschaubaren und in Teilen geschützten öffentlichen Raum bewegen wir uns heute im Netz, um die Welt zu erkunden. Dort kommunizieren wir gewissermaßen frei fliegend. Gleichwohl erzeugen wir auf diese Weise einen sozialen Raum, der unüberschaubar, weil unendlich, ist, und den wir flexibel handhaben können. Dabei handelt es sich weniger um einen Raum als um ein Wirkungsgefüge, das keine Unterscheidung zwischen öffentlich und privat kennt. Schon ein »Like It« des Lehrers auf eine private Statusmeldung eines Schülers bringt die Neutralität dieses Lehrers ins Wanken, denn alle können mitlesen. Am 27. Oktober 2013 bei Günther Jauch, daserste.ndr.de/guentherjauch (bit.ly/oBXt83) sprach die Schriftstellerin Juli Zeh vom Verlust der Intimsphäre und forderte digitale Menschenrechte, www.facebook.com/julizeh.autorin (on.fb.me/ZZN2VW).

Ja, es fehlt an ausreichendem Regelwerk, Common Sense und Habitus. Trotzdem wird das berufliche wie alltägliche und private Leben über Social Media organisiert. Jugendliche und junge Erwachsene, worunter auch der pädagogische Nachwuchs fällt, sind in der digitalen Welt aufgewachsen. Und so titelt der stellvertretende Vorsitzende des Lehrerverbandes Bildung und Erziehung (VBE) Rolf Busch auf tagesschau.de ein Verbot auch als »weltfremd«: »Was uns ärgert ist, dass man Facebook an Schulen verbietet und dann aber sagt, dass Lehrer nicht mit ihren Schülern mithalten und dass sie die Schüler doch bitte dort abholen sollen, wo sie sind.›« Stattdessen haben VBE, die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Österreich (GÖD) und der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) einen Leitfaden herausgebracht: www.social-media-lehrperson.info (bit.ly/1b5g9cs). Auf 24 Seiten wird die Nutzung von Facebook erläutert und in verständlicher Sprache werden bestehende Kommunikationsformen, Möglichkeiten und Gefahren dargelegt und Verhaltens-Tipps gegeben. Es wird auch auf Fragen zum Urheberrecht und zu Netzwerken eingegangen. Nicht zuletzt bietet der Leitfaden Präventionsstrategien und Krisenbewältigungen wie eine Übersicht an Beratungsstellen an. Bisher nahm die Kultusministerkonferenz in Deutschland dieses Angebot kaum wahr. Dabei böte es eine gute Grundlage, in Verbindung mit kostenlosen Fortbildungen Standards zu entwickeln. Alles andere ist in der Tat »weltfremd«.

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