Wieder flott nach Hannover

Schnellbahnstrecke regulär befahrbar / Bahnchef fordert mehr Investitionen

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 2 Min.
Fünf Monate nach dem Dammbruch bei Fischbeck (Sachsen-Anhalt) fahren die Züge zwischen Berlin und Hannover wieder nach dem alten Fahrplan.

Die Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Oebisfelde ist seit Montag wieder für Geschwindigkeiten bis zu 250 Kilometern pro Stunde in Betrieb. Damit entfällt die seit Juni bestehende Umleitung der ICE- und Intercity-Züge mit bis zu einer Stunde verlängerten Reisezeiten. Nach Amsterdam ist die in Hannover gekappte Verbindung von Berlin nun wieder hergestellt, auch die ICE-Sprinter zwischen Berlin und Frankfurt am Main fahren wieder. Glücklich darüber sind nicht nur Fernreisende. Vor allem freuen sich die über 300 Tagespendler zum VW-Werk in Wolfsburg, die improvisieren mussten. Seit 9. September, als die nicht elektrifizierte »Stammstrecke« wieder befahren werden konnte, setzte die Deutsche Bahn (DB) für die VW-Kunden, die die teure Bahn-Card 100 nutzen, ein Zugpaar auf der Strecke Berlin-Wolfsburg-Hannover ein.

Die DB selbst hatte den durch die Umleitungen erhöhten Aufwand von Fahrzeugen und Personal sowie den Verlust von Reisenden hinzunehmen, die andere Verkehrsmittel bevorzugten. Immerhin bedankte sie sich bei ihren Kunden für die Geduld mit Süßigkeiten, Lesestoff und einem Sonderkontingent von einer Million zusätzlichen Sparpreis-Fahrkarten. Und sie verzichtet auf dieser Verbindung auf die mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember in Kraft tretende allgemeine Fahrpreisanhebung.

Dass es mit der Streckensperrung so lange dauerte, lag an der gründlichen Überprüfung, inwieweit es durch das Hochwasser zu Auswaschungen unter der Betonfahrbahn gekommen ist. Auf fünf Kilometern Streckenlänge mussten insgesamt 100 Kilometer Kabel ersetzt, 180 Signale und Oberleitungsmasten sowie mehrere Weichen repariert werden. Die Bahn hatte mit Schlimmerem und mit längerer Sperrzeit gerechnet.

Kurz bevor über die Strecke wieder ein Drittel der Fernzüge nach Köln und Frankfurt am Main zu rollen begann, sprach Bahnchef Rüdiger Grube am Wochenende im »Spiegel« von weiterem Ungemach: »Angesichts der dramatischen Unterfinanzierung hat die Bahn einen Investitionsstau bei Gleisen, Weichen und Stellwerken von über 30 Milliarden Euro. Wenn sich nichts ändert, steigt der Rückstand bis 2020 auf gigantische 50 Milliarden Euro.« Dann gebe es nur zwei Möglichkeiten: Die Qualität der Bahn lasse deutlich nach oder Strecken müssten gesperrt werden.

Seit langem fordert der Bahnvorstand von der Politik mehr Investitionen in das bestehende Schienennetz - jährlich sollten es über vier Milliarden Euro statt der bewilligten drei Milliarden sein. Grube schlug Anfang September vor, die Gewinne des Netzes künftig in einen Infrastrukturfonds einzubringen und damit zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Er begegnete damit dem Vorwurf, man investiere die Gewinne aus den Netzentgelten im Ausland.

Tatsächlich braucht das deutsche Schienennetz zusätzliche Mittel. Solange bei den Koalitionsgesprächen aber um die Pkw-Maut und nicht um eine vernünftige Verkehrspolitik gestritten wird, bleibt es bei der Vernachlässigung des Schienenverkehrs.

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