Indien fliegt zum Mars

Mit kleinem Budget strebt die Raumfahrtbehörde ISRO gen Weltraum

  • Stefan Mentschel, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Jahren verfolgt Indiens Raumfahrtbehörde trotz geringen Budgets ehrgeizige Pläne. Nun startete die erste Mission zum Mars. Hinter anderen ambitionierten Projekten stehen jedoch Fragezeichen.

Indiens Mission zum Mars begann mit einem Bilderbuchstart. Um 14.38 Uhr Ortszeit hob die rot-weiße Trägerrakete am Dienstag vom Weltraumbahnhof Satish Dawan im Süden des Landes ab - an Bord eine mit fünf Kameras und Sensoren ausgerüstete Forschungssonde. Läuft alles nach Plan, wird sie Ende September 2014 erste Daten aus der Umlaufbahn des Roten Planeten an die Raumfahrtbehörde ISRO senden. Eine Landung des Orbiters ist nicht vorgesehen.

»Mit dem ambitionierten Vorhaben will Indien einen weiterer Schritt hin zur international anerkannten Raumfahrtnation machen«, betont der Fachjournalist Kalyan Ray. Dabei gehe es nicht nur darum, wissenschaftliche Daten aus der Atmosphäre und von der Oberfläche des Mars’ zu sammeln. »Die Forscher und Techniker wollen auch zeigen, dass sie die hochkomplexen Technologien beherrschen.« ISRO-Präsdent K. Radhakrishnan sagt dazu: »Wir sollten stolz darauf sein, dass unser Land zu einer solchen Mission fähig ist.«

Der Griff nach den Sternen begann für Indien bescheiden. 1975 brachte eine sowjetische Rakete den ersten Satelliten ins All. Fünf Jahre später glückte erstmals ein Raketenstart. Das gab den Schub für die Entwicklung weiterer Satelliten und den Bau von Trägersystemen. Als besonders zuverlässig haben sich die PSLV-Raketen für Nutzlasten von bis zu zwei Tonnen Gewicht erwiesen. Dutzende indische und ausländische Satelliten gelangten mit ihnen bereits ins All. Auf über 100 Weltraummissionen kann ISRO heute insgesamt zurückblicken.

»Bei relativ niedrigen Ausgaben haben wir Weltklasse-Technologien entwickelt«, erklärte unlängst der frühere ISRO-Chef Udipi Ramachandra Rao. Bis vor zehn Jahren habe sich die Behörde auf Projekte zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Indiens konzentriert. »Das betrifft Bereiche wie Telekommunikation«, so Rao. »Unsere Daten sind aber auch von Bedeutung für Land- und Fischereiwirtschaft.« Zudem halfen indische Wettersatelliten erst im Oktober den Verlauf des Zyklons »Phailin« vorherzusagen. Hunderttausende Küstenbewohner konnten dadurch rechtzeitig evakuiert werden.

Inzwischen hat ISRO Kapazitäten, um tiefer in den Weltraum zu blicken. 2008 startete eine PSLV-Rakete mit der ersten indischen Mondsonde an Bord. Diese lieferte zehn Monate lang Daten. Dann brach der Kontakt ab - früher als geplant. Trotzdem sprach ISRO von einem Erfolg, da »90 bis 95 Prozent« der geplanten Aufgaben erfüllt worden seien.

Auch die 1350 Kilogramm schwere Marssonde wurde am Dienstag mit einer PSLV-Rakete ins All geschossen. Kopfzerbrechen bereiten den Technikern dagegen die GSLV-Raketen für Nutzlasten von über zwei Tonnen. In den letzten Jahren missglückten alle Starts. Immer wieder wurde darüber spekuliert, ob eventuell Finanzierungsprobleme dahinter stecken.

Fakt ist: ISRO muss mit einem schmalen Etat auskommen. Für 2013 bewilligte die Regierung 56 Milliarden Rupien (660 Millionen Euro) - ein Bruchteil des Budgets der NASA. 55 Prozent des Geldes ist für Entwicklung und Bau neuer Satelliten veranschlagt, 35 Prozent fließen in die Trägersysteme. Der Rest wird für Forschungsprojekte wie die Marsmission ausgegeben, deren Kosten etwa 4,5 Milliarden Rupien (53 Millionen Euro) betragen. Ein mittelgroßes Passagierflugzeug ist fast doppelt so teuer.

Vor allem mit Blick auf das Budget wies ISRO-Chef Radhakrishnan Berichte über einen angeblichen Wettlauf zu den Sternen zwischen Indien und China zurück. Jedes Land setze eigene Prioritäten in der Forschung. An einem kräftezehrenden Rennen habe niemand Interesse. »Gleichwohl befinden wir uns im Wettbewerb mit uns selbst, um in immer neue Regionen vorstoßen zu können.«

So plant ISRO eine zweite Mondmission, bei der ein Fahrzeug auf der Mondoberfläche ausgesetzt werden soll. Bereits 2015 soll der erste bemannte Raumflug starten. Journalist Ray ist jedoch skeptisch. »Zeitrahmen und Budget für beide Projekte sind knapp bemessen. Zudem brauchen wir für den Transport zuverlässige Raketen. Anders als bei der Marsmission gebe es noch viele offene Fragen.

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