• Ratgeber
  • Grundstücks- und Gebäudenutzung

Wer ist verpflichtet, welche Lasten zu tragen?

  • Lesedauer: 4 Min.
Wie ist das mit der Pflicht, Lasten bei der vertraglichen Grundstücks- resp. Gebäudenutzung zu tragen? Leser fragen immer wieder nach öffentlichen und anderen Lasten, die ihnen von Kommunen oder Privateigentümern aufgebürdet werden. Unser Autor, Rechtsanwalt Prof. Dr. JOACHIM GÖHRING, Berlin, gibt dazu einen Überblick.
Der Begriff der Lasten ist im BGB nicht gesetzlich definiert - ausgehend von der grundsätzlichen Verteilungsregelung in § 103 BGB sowie der Regelung in einzelnen Schuldverhältnissen (Miete, Pacht, Nutzungsverhältnis nach Schuldrechtsanpasungsgesetz - SchuldRAnpG) nehmen Gesetzgebung und Rechtsprechung folgende Unterscheidungen vor:
Lasten sind an die Sache anknüpfende Verpflichtungen zur Leistung, die aus der Sache zu erfüllen sind und dadurch den Nutzungswert mindern. Es wird unter mehrfachen Aspekten unterschieden:

Nach dem Charakter der Rechtsgrundlage:
Öffentlichrechtliche Lasten sind sich aus hoheitlichen (staatlichen) Regelungen ergebende Leistungspflichten, z. B. Steuern und sonstige Abgaben, unabhängig davon, ob sie aus Bundes- oder Landesrecht oder kommunalen Regelungen folgen.
Zivilrechtliche (= privatrechtliche) Lasten folgen aus zivilrechtlichen Regelungen und Vereinbarungen in diesem Rahmen, z. B. Hypotheken- und Grundschuldzinsen. 

Nach der zeitlichen Abfolge der Leistungen:
Regelmäßig wiederkehrende Lasten (d. h. nicht nur einmalige Leistungen), z. B. Grundsteuern, Grundpfandrechtszinsen usw.
Einmalige Lasten, z. B. Erschließungsbeiträge auf Grundlage eines konkreten Bescheides.
Aus den vorstehenden Unterscheidungen ergibt sich auch, dass konkrete Lasten jeweils kombiniert unter verschiedenen Aspekten zuzuordnen sind, so sind z. B. Erschließungsbeiträge öffentlichrechtliche, einmalige Lasten und demgegenüber Prämien einer Sachversicherung zivilrechtliche, wiederkehrende Lasten.
Im Rahmen der wesentlichen Vertragstypen gilt folgendes:
Die allgemeine Regelung des Mietvertrages in § 535 Abs. 1 S. 3 BGB sieht die Lastentragung durch den Vermieter vor. Dieser Grundsatz gilt damit für alle Erscheinungsformen, insbesondere auch Mietverhältnisse über Wohnraum, andere Räume und Grundstücke. Allerdings sind wesentliche Differenzierungen zu beachten:
- Diese streng wirkende Bestimmung kann durch Einzelvereinbarung und auch durch allgemeine Geschäftsbedingungen (Formularmietverträge) abbedungen werden, d. h., im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter könnrn dem Mieter diese Lasten aufgebürdet werden.
- Anders jedoch bei der Miete von Wohnraum. Eine generelle Abwälzung durch allgemeine Geschäftsbedingungen (Formularmietverträge) sind nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
- Allerdings ist es gerade bei der Wohnraummiete zulässig, dass der Mieter Betriebskosten im Sinne von § 556 ff. BGB übernimmt. In der Aufstellung der Betriebskosten im § 2 BetriebskostenVO vom 25. November 2003 sind unter Nr. 1 auch die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks, insbesondere die Grundsteuer enthalten. Nach der vorangestellten Einteilung handelt es sich um öffentlichrechtliche, regelmäßig wiederkehrende Lasten. Nicht darunter fallen also öffentlichrechtliche, einmalige Lasten wie Er-schließungsbeträge.
Auch weitere Lasten können nur auf den Mieter abgewälzt werden, wenn sie im Katalog § 2, Nr. 1 - 17 BetriebskostenVO enthalten sind.
- Da auf Pachtverträge über Grundstücke und Räume auf dem Weg über § 581 Abs. 2 BGB wieder das Mietrecht und damit auch § 535 Abs. 1 S. 3 BGB Anwendung findet, gilt auch hier der Grundsatz der Lastentragung des Verpächters. Wegen des Fehlens von Schutzaspekten wie insbesondere bei der Wohnraummiete sind jedoch in größerem Umfange Abwälzungen auf den Pächter zulässig.
- Eine Spezialregelung des Pachtvertrages enthält das Bundeskleingartengesetz vom 28. Februar 1983 - den Kleingartenpachtvertrag. Nach § 5 Abs. 5 BKleinG kann der Verpächter vom Pächter die anteilige Erstattung der öffentlichrechtlichen Lasten verlangen. Das gilt auch für einmalige Abgaben. Allerdings sieht § 5 Abs. 5 Satz 3 BKleinG die Berechtigung des Pächters vor, in 5 Jahresraten zu zahlen. Sofern es sich um Erschließungskosten für Leistungen nach §§ 123 ff. BauGB handelt, z. B. öffentliche Straßen, sieht
§ 135 Abs. 4 Satz 3 BKleinG eine zinslose Stundung für Kleingärten vor. Diese Stundungsregelung gilt jedoch nicht automatisch für andere Erschließungsleistungen in der Verantwortung der Länder und Kommunen.
- Für Nutzungsverhältnisse nach SchuldRAnpG (fortbestehende, ursprünglich gem. §§ 312 ff. ZGB der DDR begründete Erholungsnutzungsbeziehungen außerhalb von Kleingärten) wurde nachträglich durch Gesetzesergänzung eine teilweise Abwälzung der öffentlichrechtlichen (d. h. nicht auch der zivilrechtlichen) Lasten auf die Nutzer geregelt:
§ 20 a Abs. 1 SchuldRAnpG: ab 30. Juni 2001 für regelmäßig wiederkehrende öffentlichrechtliche Lasten;
§ 20 a Abs. 2 SchuldRAnpG: ab 3. Oktober 1990 anteilig auch für einmalige öffentlichrechtliche Lasten.
Insbesondere von der PDS initiierte Gesetzesvorhaben zur generellen Stundung solcher Lasten in Bund und Ländern konnten nicht durchgesetzt werden.

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