Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Engels war ein recht wehrhafter Sozialist

  • Lesedauer: 3 Min.

Zu »Wenn Gewehre sprechen und das Gewissen schweigt« (ND vom 1 9.):

Gerhard Zwerenz sei für diesen ehrlichen und bitter notwendigen Artikel zum Antikriegstag gedankt. Nur, seine angefügte »optimistische Variante« geht so nicht auf: Engels war Zeit seines Lebens kein Pazifist und wollte als solcher auch nie erscheinen. Auch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate können an diesem Fakt nichts ändern.

Mir ist nicht klar, wieso aus dem zitier ten Engels-Text von 1887 Pazifismus abgeleitet werden kann. Es gibt aus dieser Zeit viele Textbeispiele, die dem wider sprechen! Auch der Versuch von E. Woit, bei Engels pazifistische Gedanken herauszulesen, dürfte nicht aufgehen! Engels 1887 »Und dann, welche Regierung würde es wagen, die politische Freiheit anzutasten, wenn jeder Bürger ein Gewehr und fünfzig scharfe Patronen zu Hause zu liegen hat?« Engels ein Pazifist? Oder doch ein recht wehrhafter Sozialist?

Oder analysieren wir Engels Arbeit »Der Sozialismus in Deutschland« vom Herbst 1891, eine drastische Kurzfassung finden wir übrigens in einem Brief Engels an Bebel (Oktober 1891). »Siegt Russland, so werden wir erdrückt. Also druf, wenn Russland Krieg anfängt, druf auf die Russen und ihre Bundesgenossen, wer sie auch seien.«

Noch eine Bemerkung zum Brief an Lafargue, in dem Engels Zweifel an Barrikadenkämpfen und Straßenschlachten äußert. »Also ist man verpflichtet, eine neue revolutionäre Taktik zu finden. Ich habe seit einiger Zeit darüber nachgedacht, bin aber noch zu keinem Ergebnis gekommen.« Warum endet an dieser Stelle G. Zwerenz (oder E. Woit)? Warum wird nicht auf Engels »Einleitung zu Marx Klassenkämpfe in Frankreich<« von 1895 verwiesen? Dort spricht Engels vom Sieg des Aufstandes über das Militär als einer der größten Seltenheiten. Er schreibt aber weiter- »Heißt das, dass in Zukunft der Straßenkampf keine Rolle mehr spielen wird? Durchaus nicht...«

Übrigens war Engels »Einleitung« schon zu seiner Zeit einigen Mitgliedern des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands entschieden zu revolutionär! Im »Vorwärts« erschien ein Leitartikel »Wie man heute Revolution macht«. Ohne Wissen und ohne Zustimmung von Engels wurden darin einzelne willkürlich aus der »Einleitung« herausgerissene Passagen zitiert. Engels reagierte sehr heftig und schrieb an R. Fischer, Sekretär im Parteivorstand:

»Ich bin der Ansicht, dass Ihr nichts dadurch gewinnt, wenn Ihr den absoluten Verzicht aufs Dreinschlagen predigt. Glauben tuts kein Mensch, und keine Partei irgendeines Landes geht so weit, auf das Recht zu verzichten, der Ungesetzlichkeit mit den Waffen in der Hand zu widerstehen... Gesetzlichkeit so lange und so weit sie uns passt, aber keine Gesetz lichkeit um jeden Preis, selbst nicht in der Phrase!«

Dr. Dietmar Birkner 09212 Limbach-Oberfrohna

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal