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Polizei prüft nun per «Augenschein»

Suche nach wirksamen Mitteln gegen Neonazis Von Wolfgang Rex, Schwerin

  • Lesedauer: 3 Min.

Eine landesweite verdachtsunabhängige Polizeikontrolle darf es nicht geben. Das entschied das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommerns. Die Polizei soll nun eine Stufe tiefer kontrollieren.

Das neue Stichwort heißt «Sichtkontrolle». Bei Sichtkontrollen könne die Polizei, so Innenminister Gottfried Timm (SPD), Autos anhalten und Insassen und mitgeführte Sachen «in Augenschein nehmen». Im Gegensatz zur verdachtsunabhängigen Kontrolle stelle die Polizei weder die Identität von Personen fest noch werde das Auto durchsucht. Erst wenn sich Anhaltspunkte für eine Straftat finden, seien weitere Schritte möglich. Timm bezog das Verfahren ausdrücklich auf rechtsextremistische Veranstaltungen. Da dürfte nach dem neuen Verfahren die Polizei Zufahrtsstraßen kontrollieren und Autos ähnlich wie bei Verkehrskontrollen überprüfen, beispielsweise auf verbotene Musik, Waffen oder verfassungswidrige Kennzeichen.

Auch gegen die so genannte organisierte Kriminalität will die Polizei von Mecklenburg-Vorpommern «mit uner warteten und breit angelegten Kontrollen» angehen. Der Minister spricht dabei von einem «spürbaren Verfolgungsdruck», der erzeugt werden soll. Den Ver dacht, dass es sich bei der Sichtkontrolle nur um ein anderes Wort für die unter sagte verdachtsunabhängige Kontrolle handelt, den konnte der Minister nicht ausräumen. Das betrifft beispielsweise die Frage, ob ein von der Polizei gefordertes Öffnen des Kofferraums nur eine «in Augenscheinnahme» oder bereits eine Durchsuchung ist.

Noch einen Vorschlag brachte Timm in einen Zusammenhang mit Neonazis. Die Polizei soll Aufenthaltsverbote für bestimmte Stadtteile, Straßenzüge oder kleinere Gemeinden verhängen. Werde das Aufenthaltsverbot gebrochen, folge ein 14-tägiger «Unterbindungsgewahr sam». Damit wolle das Land den von den Nazis verhängten «national befreiten Zonen» entgegen wirken. Mit solchen Zonen versuchten Rechtsextremisten, das Gewaltmonopol des Staates zu durchbrechen, so der Minister.

Bei einer anderen Idee ist sich Minister Timm nicht sicher, ob sie vor einem Ver fassungsgericht besteht. Künftig soll bei häuslicher Gewalt nicht der Schwächere die gemeinsame Wohnung verlassen. Wie in Österreich werde der Täter aus der Wohnung gewiesen. Dieses Wohnungsverbot soll für sieben Tage gelten. Gegen solche humane Regel steht das Verfassungsrecht auf Unversehrtheit der Wohnung. Hier hofft Timm auf eine bundeseinheitliche Regel, die solche Verfahren ermöglichen könnte.

Die verschärften Vorschriften will das Innenministerium Anfang 2001 vom Kabinett beschließen lassen. Danach gehe das überarbeitete «Sicherheits- und Ordnungsgesetz» in den Landtag. Im Oktober 2001 könnten die Vorschläge geltendes Recht werden. Ein weiteres Verbot des Landesverfassungsgerichtes werde künftig beachtet. Die Polizei «verzichte auf ihr Recht zur Wohnungsüberwachung mit technischen Mitteln», erklärte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern. Minister Timm räumte ein, dass der «Große Lauschangriff» in Mecklenburg-Vor pommern bisher ohnehin nicht angewendet wurde. Das Landesverfassungsgericht hat ihn auch nicht vollständig untersagt. Er bleibt bei «Gefahr für Leib und Leben oder der Freiheit» auch in Mecklenburg- Vorpommern erlaubt.

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