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Papier gegen die Wüste

Vertragsstaatenkonferenz der UN-Desertifikationskonvention tagt in Bonn Landnutzung

  • Lesedauer: 4 Min.

Von Lucian Haas

Die-Menschheit ist dabei, durch nicht angepasste Nutzung rund ein Drittel der Landfläche derart zu schädigen, dass sie zur Wüste wird. Mit dem globalen Problem befaßt sich ab Montag in Bonn eine internationale Konferenz.

Rund 70 Prozent der 5,2 Milliarden Hektar umfassenden Trockengebiete, die weltweit landwirtschaftlich genutzt werden, sind laut der UN- Umweltbehörde UNEP bereits durch die so genannte Desertifikation gefährdet. Eine Milliarde Menschen sind davon betroffen. Allein in Afrika soll das verfügbare Ackerland laut Prognosen bis zum Jahr 2025 um zwei Drittel im Vergleich zu 1990 zurückgehen. Um diesen alarmierenden Prozess aufhalten zu können, treffen sich ab kommenden Montag rund 2000 Regierungsvertreter aus mehr als 120 Ländern in Bonn. Zwei Wochen lang werden sie über die Umsetzung der UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (CCD) verhandeln.

Die Konferenz ist die Vierte in einer Reihe jährlich stattfindender Treffen der mittlerweile 171 Vertragsstaaten, die die Konvention unterzeichnet haben. Erstmals findet sie am Sitz des CCD-Sekretariats der UN statt, das seit 1999 in Bonn angesiedelt ist. Die Desertifikationskonvention ist - neben der Klimarahmen- und der Biodiversitätskonvention - das dritte Umwelt-Übereinkommen der Rio-Konferenz von 1992. In der CCD verpflichten sich die Entwicklungsländer, dem Kampf gegen die Land-Verödung die Priorität bei ihren Entwicklungsstrategien einzuräumen, während die Industrieländer im Rahmen der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit dafür ihre Hilfe zusagen. Große Auseinandersetzungen oder gar das Scheitern der Verhandlungen wie beim Klima-Gipfel in Den Haag sind in Bonn nicht zu erwarten. Im Vorfeld der Konferenz erklärte Uschi Eid, parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium (BMZ): «Wir streiten uns nicht um fundamentalistische Konzepte, sondern darum, wie die Konvention besser umgesetzt werden kann.» Doch auch darin liegt genug Stoff für Debatten. Bei der CCD laufen sie auf einen Konflikt zwischen Industrie- und Entwicklungsländern hinaus. Im Zentrum steht die Frage, die bereits bei der letzten Konferenz 1999 im brasilianischen Recife für harte Fronten sorgte: Wie können die armen Länder besser unterstützt werden?

Die Entwicklungsländer fordern mehr Geld und speziell für CCD-Projekte bereit gestellte Mittel aus dem Globalen Umweltfonds (GEF), der bei der Weltbank liegt. Die Industrieländer sind aber nur gewillt, die Konventionsziele effizienter in die laufende Entwicklungshilfe zu integrieren, ohne größeren finanziellen Mehr aufwand betreiben zu müssen.

Wie so etwas gehen könnte, macht Deutschland derzeit vor. Seit August 1999 sitzt in Bonn das so genannte CCD-Projekt des BMZ. Ausgestattet mit sieben Millionen Mark für drei Jahre, hat es das Ziel, alle an der Desertifikationsbekämpfung beteiligten deutschen und internationalen Institutionen und Projekte besser miteinander zu vernetzen und deren Aktionen aufeinander abzustimmen. Auch die Wissenschaft soll stärker eingebunden wer den. Auf Anregung des CCD-Projektes gründeten Anfang des Jahres bereits mehrere Institute das Deutsche Kompetenz-Netzwerk für Forschung zur Desertifikations-Bekämpfung (Desert-Net).

Dass es an einer umfassenden wissenschaftlichen Grundlage mangelt, gilt der zeit als größter Schwachpunkt der Wüstenkonvention. «Beim Klimaschutz gibt es klare Reduktionsvorgaben für die Treibhausgase. Bei der Wüstenkonvention fehlen Schutzziele, die überprüft werden können,» sagt Benno Pilardeaux, Mitar beiter des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WGBU). «Keiner kann sagen, was die Konvention außer viel Papier tatsächlich schon bewirkt hat».

Deutlich positiver schätzen Entwick lungshelfer die gesellschaftlichen Auswir kungen der Konvention ein. Denn in der Umsetzung zwingt das Vertragswerk jedes Land, nationale Aktionsprogramme zur Wüstenbekämpfung aufzustellen. Dabei sollen selbst die ärmsten und am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen und darunter vor allem die Frauen einbezogen werden. «Die Konvention hat eine Demokratisierungstendenz,» sagt Jürgen Gliese, Leiter der Arbeitsgruppe Desertifikation des Forum Umwelt und Entwicklung.

Bei der Konferenz in Bonn sollen wieder Berge von Papier zur Aufklärung beitragen. Allein in der ersten Woche werden sich die Staatenvertreter mit Berichten aus mehr als 80 Ländern Asiens und Lateinamerikas befassen. Der Sinn dessen liegt vor allem in der Symbolik, die Umsetzungsbemühungen der Staatengemeinschaft im Kampf gegen die Desertifikation anzuerkennen. Ähnlich werten Beobachter eine geplante Abschluss-Erklärung, in der die Verpflichtung aller Länder auf die CCD-Konventionsziele noch einmal her vorgehoben werden soll.

Die CCD-Konferenz im Internet. www.unccd.int/cop/cop4/menu.php; Die Sicht der Bundesregierung: www.bmz.de/ desert.html; das deutsche CCD-Projekt. www.gtz.de/desert. Das «Desert-Net»: www.uni-bielefeld.de/desertnet

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