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Jagd auf Spucke

DNA-Analyse oder Kriminalisierung9 Polizei zwingt Linke m aller Öffentlichkeit zum Speicheltest Von Peter Nowak

  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Frankfurter Arbeitsamt er wartete Gisela Dutzi Ende Januar eine böse Überraschung. Fünf Polizisten, darunter ein BKA-Beamter, lauer ten der linken Aktivistin vor der Behörde auf und stellen die Frau vor die Alternative, in aller Öffentlichkeit eine Speichelprobe abzugeben oder mit zum Polizeipräsidium zu kommen. Als Dutzi auf der Hinzuziehung eines Anwalts bestand und einen richterlichen Beschluss für die Maßnahme verlangte, wurde sie zu einem Auto geschleppt und zum Polizeipräsidium gebracht. Im gerichtsmedizinischen Institut wurde ihr trotz Protests zwangsweise Blut abgenommen, während ihre Arme nach hinten verdreht wurden. Erst nach der Prozedur erhielt Dutzis Anwalt den vom Bundesgerichtshof ausgestellten richterlichen Beschluss für die DNA-Abnahme. Darin die lapidare Begründung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Dutzi wieder Straftaten begehe.

Der Hintergrund: Gisela Dutzi war nach eigenen Angaben Anfang der 80er Jahre in der Rote Armee Fraktion (RAF) organisiert und verbüßte deshalb eine über achtjährige Haftstrafe. Seitdem ist die weiterhin in linken Zusammenhängen aktive Frau strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Dass sie jetzt wieder Blut und Speichel abgeben musste, wird mit dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz begründet. DNA ist die englische Abkürzung für Desoxyribonukleinsäure, genetischer Baustoff unserer Kör perzellen. Experten rechnen damit, dass die DNA-Analytik demnächst den Stellenwert erhält, den der gewöhnliche Finger abdruck bis vor einigen Jahren hatte.

Gisela Dutzi ist kein Einzelfall. In den letzten Jahren mussten von der Polizei festgenommene Antifaschisten sowie Flüchtlinge im Asylverfahren den genetischen Fingerabdruck abgeben. Auch innerhalb der Gefängnisse ist diese Identifikationsmethode mittlerweile an der Tagesordnung. In letzter Zeit wurden bekannte Linke mit der vagen Begründung, sie könnten Straftaten begehen, zur DNA- Analyse gezwungen.

Neben Gisela Dutzi wurde 4nfang Februar in Berlin eine 57-jährige Rechtsanwaltsgehilfin zu diespr Prozedur genötigt. Auf dem Weg zur Arbeitsstelle wurde sie von sieben Zivilbeamten umringt, die sie mit Hinweis auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs zur Speichelprobe zwangen. Die Bundesanwaltschaft ist auf der Suche nach Beweisen, dass die Frau 1997 an einem Anschlag auf den Fuhrpark einer Spar-Handelskette in Brandenburg beteiligt war. Gegenüber der «Tageszeitung» erklärt die Betroffene, sie sei wegen ihrer langjährigen Aktivitäten in Flüchtlings- und Antirassismusinitiativen ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Nachdem sie nach einer Demonstration gegen das Asylbewerberleistungsgesetz 1997 in eine Polizeikontrolle geraten sei, wurde sie nicht mehr in Ruhe gelassen. Bei einer Hausdurchsuchung wurde Schriftmaterial mit antirassistischen Parolen beschlagnahmt. Doch Beweise für eine Beteiligung an dem Anschlag in Brandenburg wurden nicht gefunden.

Die innenpolitische Sprecherin der PDS- Bundestagsfraktion Ulla Jelpke bezeichnet den zunehmenden Einsatz der DNA- Analyse gegen Linke und Flüchtlinge als erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Dieser Ansicht hat sich mittlerweile sogar das Bundesverfassungsgericht angeschlossen. In einem Beschluss vom 18. Januar entschied das Gericht, die DNA-Analysen seien nur bei schwerer und mittelschwerer Kriminalität zulässig.

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