Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Alternative Schönheiten

Bilder von Christoph Rentzsch am Festungsgraben

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Otto Menzel

»Schön sind diese Bilder nicht, aber interessant«, umkleidete eine Besucherin der Galerie Dikmayer in Mitte ihre Verlegenheit, mit den ausgestellten Bildern nichts oder zu viel anfangen zu können.

Der Maler Christoph Rentzsch aus Lehnitz in Brandenburg schwelgt in pedantisch vergegenständlichten Visionen, welche das Betrachten erprobter, beliebter Werte infrage stellen. Originelle Schnörkel demonstrieren das vorder gründig: Ein genial erfundener Außerirdischer lässt ein Vögelchen auf dem Finger balancieren - die Irdische hingegen in ihrer Melancholie, massig vital, ist nicht umarmungsfähig. Oder- Die Nabelschnur des in einer Stangenwelt dahinträumenden Embryos besorgt die Überlebensfähigkeit in dieser Welt aus einer Cola-Büchse. Ein weiblicher Akt hält eine Maske vors Gesicht. Will sie dem Betrachter ein mögliches Erschrecken ersparen? Oder die »Mondblume«. Die blütenhafte Vulva liegt zwischen gespreizten Reptiliengliedmaßen und hat einen Krötenkopf. Der Maler konzentriert sich auf das Einzelleben, die alternative Urschönheit umgeben von Ödnis. Wenn das alles Frust sein soll, dann ist es genossener Frust. Diese Gegenbilder sind nicht trübselig, sondern von Emotion und Vitalität, mit klaren Linien gezogen, pingelig durchkalkuliert. Mit satirehafter Wirklichkeitsgebundenheit hat das wenig zu tun.

Die Ölbilder von Christoph Rentzsch sind gegenständlich. Das ist ihre eigentliche Provokation. Sie konfrontieren mit Phänomenologie, mit der man so nicht rechnen konnte. Und doch sollte man es nicht verpassen, sich ihnen auszusetzen.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.