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Alternative Schönheiten

Bilder von Christoph Rentzsch am Festungsgraben

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Otto Menzel

»Schön sind diese Bilder nicht, aber interessant«, umkleidete eine Besucherin der Galerie Dikmayer in Mitte ihre Verlegenheit, mit den ausgestellten Bildern nichts oder zu viel anfangen zu können.

Der Maler Christoph Rentzsch aus Lehnitz in Brandenburg schwelgt in pedantisch vergegenständlichten Visionen, welche das Betrachten erprobter, beliebter Werte infrage stellen. Originelle Schnörkel demonstrieren das vorder gründig: Ein genial erfundener Außerirdischer lässt ein Vögelchen auf dem Finger balancieren - die Irdische hingegen in ihrer Melancholie, massig vital, ist nicht umarmungsfähig. Oder- Die Nabelschnur des in einer Stangenwelt dahinträumenden Embryos besorgt die Überlebensfähigkeit in dieser Welt aus einer Cola-Büchse. Ein weiblicher Akt hält eine Maske vors Gesicht. Will sie dem Betrachter ein mögliches Erschrecken ersparen? Oder die »Mondblume«. Die blütenhafte Vulva liegt zwischen gespreizten Reptiliengliedmaßen und hat einen Krötenkopf. Der Maler konzentriert sich auf das Einzelleben, die alternative Urschönheit umgeben von Ödnis. Wenn das alles Frust sein soll, dann ist es genossener Frust. Diese Gegenbilder sind nicht trübselig, sondern von Emotion und Vitalität, mit klaren Linien gezogen, pingelig durchkalkuliert. Mit satirehafter Wirklichkeitsgebundenheit hat das wenig zu tun.

Die Ölbilder von Christoph Rentzsch sind gegenständlich. Das ist ihre eigentliche Provokation. Sie konfrontieren mit Phänomenologie, mit der man so nicht rechnen konnte. Und doch sollte man es nicht verpassen, sich ihnen auszusetzen.

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