Prominente Fan-Post

  • Reinhard Renneberg , Hongkong und JoJo Tricolor, Cherville
  • Lesedauer: 2 Min.
Zeichnung: Chow Ming
Zeichnung: Chow Ming

Zu Weihnachten 2005 bekam ich (R.R.) in Hongkong den für mich als Wissenschaftler schmeichelhaftesten Brief meines Lebens. Er kam aus dem britischen Cambridge, von einem Nobelpreisträger. Und zwar sogar von einem doppelten!

Frederick Sanger war als Kind einer meiner ersten wissenschaftlichen Helden. Er gehörte zu den wenigen Forschern, die gleich zweimal mit dem Nobelpreis geehrt wurden: Außer ihm hatten das nur Marie Curie, John Bardeen und Linus Pauling geschafft.

Fred Sanger wurde 1918 als Sohn des Arztes Frederick Sanger senior geboren. Nach der Schule entschied er sich für die Biochemie. Hier konnte er sich anders als im Arztberuf stärker auf ein Themengebiet konzentrieren und mehr erreichen.

So studierte er in Cambridge und erhielt 1939 seinen Abschluss. Da er aus einer Quäker-Familie kam, lehnte er den Kriegsdienst aus Gewissensgründen ab und arbeitete während des Zweiten Weltkrieges weiter an seiner Promotion über die Aminosäure Lysin. 1943 erhielt er den Doktortitel.

1958 bekam er den Chemie-Nobelpreis als alleiniger Preisträger für die 12-jährige Arbeit an der Aufklärung der Struktur des Insulins und seine Beiträge zur Protein-Sequenzierung. Er konnte die langen Perlenketten der Eiweiße lesen, die Abfolge (Sequenz) von deren 20 unterschiedlichen Aminosäuren.

Das Insulin spielte dann eine entscheidende Rolle bei der Etablierung der modernen Gentechnik. Heute bekommen Diabetiker menschliches Insulin von genmanipulierten Bakterien produziert und kein Grüner in Deutschland empört sich interessanterweise darüber.

22 Jahre später, 1980, wurde Sanger erneut mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt, dieses Mal zusammen mit Paul Berg und Walter Gilbert für die Sequenzierung von DNA, der Abfolge der Basen A,T, C und G in den Nukleinsäuren. Die Entschlüsselung des genetischen Codes begann damit.

Sanger hatte bis dahin kein besonderes Interesse an Nukleinsäuren gezeigt. Aus seinem Kellerlabor bemerkte er jedoch »zwei Gestalten, die wild aufeinander einredend vorbeiliefen, ein ziemlich verrücktes Paar.« Das waren James Watson und Francis Crick, die Sanger letztlich für die DNA begeisterten. Sanger meinte später dazu: »Die DNA-Kettenabbruch-Idee war die beste meines Lebens, die nicht nur originell, sondern letztlich auch erfolgreich war…«

1983 ging er in den Ruhestand. Exakt mit 65 Jahren! »Genug geforscht!« Zuletzt widmete er sich zusammen mit seiner Frau Margaret Joan seinen Hobbys: dem Gärtnern und dem Segeln.

Im vorigen Monat starb der größte Biochemiker unserer Zeit 95-jährig.

Was er dem Autor Renneberg 2005 lobpreisend und charmant schrieb? »Wenn ich Ihr wunderbares Biotechnologiebuch lese, wünsche ich mir, noch einmal Student zu sein …«

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