Abes Provokation
Olaf Standke zum Besuch des japanischen Premiers am Yasukuni-Schrein
Es ist eine wohl kalkulierte Provokation, wenn Tokioter Spitzenpolitiker den umstrittenen Yasukuni-Schrein besuchen. Denn hier gedenken die Japaner ihrer rund 2,5 Millionen Kriegstoten seit 1853 - und geehrt werden auch verurteilte Völkermörder des Zweiten Weltkriegs, den man im dortigen Museum für Militärgeschichte rechtfertigt und verherrlicht. Kein Wort dagegen über die Massaker der kaiserlichen Armee oder bestialische Menschenversuche in den besetzten Ländern. Kein Wunder also, wenn am Donnerstag in Peking und Seoul scharf gegen die Visite von Ministerpräsident Shinzo Abe im Shinto-Heiligtum protestiert wurde.
Der beteuerte zwar, nicht die Gefühle anderer Völker verletzen zu wollen. Doch genau das hat er gemacht. Dabei dürfte es den Nachbarn nicht nur um das Symbol für Nippons militaristische Vergangenheit gehen. Wenn Abe als erster Regierungschef seit sieben Jahren den Schrein besucht, dann beschädige dieser »anachronistische Akt« grundsätzlich die Stabilität und Kooperation in der ohnehin durch Territorialstreitigkeiten belasteten Region, wie es in Südkoreas Hauptstadt heißt. Zu diesem Bild gehört auch, dass der konservative Premier mit massiv erhöhten Rüstungsausgaben und dem angestrebten Aus für die pazifistische Verfassung des Landes das militärische Profil Japans wieder deutlich schärfen will.
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