Bundessozialgericht setzte das Urteil aus
Zum Hartz-IV-Anspruch von arbeitsuchenden EU-Ausländern
Das Bundessozialgericht hat eine Entscheidung über den Hartz-IV-Anspruch von EU-Ausländern vorläufig ausgesetzt. Zuerst soll der Europäische Gerichtshof eine Vorabentscheidung zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Sozialleistungen und möglichen Einschränkungen durch nationales Recht treffen, wie der Vorsitzende Richter Thomas Voelzke nach dem verhandelten Fall vor dem BSG am 12. Dezember 2013 ausführte.
Im Fall des BSG geht es um eine in Bosnien geborene Schwedin und ihre Kinder. Sie hatte vom Jobcenter Berlin-Neukölln zunächst Hartz-IV-Leistungen bekommen, die Bewilligung hob die Behörde aber später auf. Dagegen klagte die Frau (Az. B 4 AS 9/13 R).
Das Jobcenter beruft sich auf eine Verordnung der Bundesregierung, wonach arbeitsuchende EU-Bürger in Deutschland kein Recht auf Fürsorgeleistungen haben. Die Klägerin stellt dies grundsätzlich in Frage, da derartige Entscheidungen eines Parlamentsbeschlusses bedürften, wie deren Rechtsvertreter David Mende anmerkte. Außerdem verstoße die Verordnung gegen das europäische Diskriminierungsverbot.
Die Kasseler Richter haben jetzt drei Fragen an den EuGH formuliert, die dieser vor einem deutschen Grundsatzurteil klären soll. Zunächst will das BSG wissen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz auch für die beitragsunabhängigen Hartz-IV-Leistungen gilt. Falls dies bejaht wird, solle der EuGH mögliche nationale Einschränkungen aufzeigen. Drittens soll der Gerichtshof die Frage beantworten, ob wegen des europäischen Freizügigkeitsrechts Sozialleistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, grundsätzlich zu gewähren sind. Als solche seien die Hartz-IV-Gesetze schließlich auch gedacht, merkte der Vorsitzende Richter an.
Vor dem jetzt am Bundesgericht verhandelten Fall waren sich zwei Landessozialgerichte (LSG) bei Hartz-IV-Leistungen für EU-Ausländer uneins. Nachdem Richter in Nordrhein-Westfalen einen Anspruch bejaht hatten, entschied das LSG Niedersachsen-Bremen, dass die Kommunen nur in einer Notlage die Rückreisekosten und bis dahin erforderliche Überbrückungsleistungen zahlen müssen.
Nach Angaben des Landessozialgerichts (LSG) in Essen sind von der Grundsatzfrage bundesweit rund 130 000 Personen betroffen. dpa/nd
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