Frisches Grün in kräftigem Rot

Braunkohle wäre ein Knackpunkt bei erneuten Koalitionsverhandlungen von SPD und LINKE

Während die SPD sich wie gewohnt alle Optionen offen hält, bekennt sich die märkische LINKE zu ihrem Wunsch, die rot-rote Koalition nach der Landtagswahl im September fortzusetzen.

»Mehr frisches Grün in kräftigem Rot, dafür stehe ich«, sagt Carsten Preuß, Agraringenieur, parteilos, Umweltaktivist - und Kandidat der Linkspartei für die Landtagswahl am 14. September. »Ich denke, wir können auf die Braunkohle noch nicht verzichten«, sagt Anke Schwarzenberg, Projektingenieurin in der Rekultivierung von Tagebauen, beschäftigt beim Energiekonzern Vattenfall - und Kandidatin der Linkspartei für die Landtagswahl. »Die Speichertechnologien sind noch nicht so weit«, bemerkt Schwarzenberg. »Auch die Bergleute brauchen eine Perspektive.«

Die Partei ist breit aufgestellt. Dadurch kann es aber eng werden für Kompromisse mit der SPD, die eine Verständigung innerhalb der LINKEN voraussetzen. Mutig deshalb die Anregung des neuen Landesvorsitzenden Christian Görke, einen zweiten Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten nicht bloß durch einen Parteitag durchwinken zu lassen, sondern mit einem Mitgliederentscheid abzusegnen. Mutig ist dieser Weg, weil er für Komplikationen sorgen könnte, aber auch klug, weil er für Klärung sorgen würde.

Der Abschied von der Kohle dürfte genauso zu einem Knackpunkt von Koalitionsverhandlungen werden wie der Einstieg in die Gemeinschaftsschule. Beides lehnt der Ministerpräsident und SPD-Landeschef Dietmar Woidke bislang kategorisch ab.

Nach Beschlusslage der Linkspartei streben die Genossen die Gemeinschaftsschule ebenso an wie den mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle. Spätestens 2040 sollte kein Kohlestrom mehr fließen. Neue Tagebaue sollten jetzt schon nicht mehr aufgeschlossen werden.

2009 zog sich die LINKE mit der Behauptung aus der Affäre, dass im Laufe der Legislaturperiode in der Frage der Kohle ohnehin noch keine wesentliche Entscheidung getroffen werde. Bereits damals teilten nicht alle diese Ansicht. Fragt sich, ob die Verhandlungsgruppe nun im Jahr 2014 in der eigenen Partei noch einmal mit einem solchen Argument durchkommen würde, wenn sie der SPD in der Kohlefrage wieder kaum etwas abringen würde.

Der Kreisverband Lausitz sei in dieser Frage gespalten, weiß Schwarzenberg. Immerhin geht es um 8231 Arbeitsplätze in den hiesigen Tagebauen und Kraftwerken. Hinzu kommen noch 557 Jobs im Transport. In den Tagebauen Jänschwalde, Cottbus-Nord, Welzow-Süd sowie in der sächsischen Oberlausitz in Nochten und Reichwalde wurde die Förderung der Braunkohle im vergangenen Jahr von 62,4 Millionen Tonnen auf 63,6 Millionen gesteigert.

Vattenfall-Vorstand Hartmuth Zeiß bezeichnet die Kohle als »unverzichtbaren Begleiter« des Atomausstiegs, weil sie Strom liefert, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Klimaschützer finden dagegen, dass die Kohle den Bau von Windrädern und Solaranlagen bremst. Für windstille und bewölkte Tage sollen - solange die Speicherkapazitäten nicht ausreichen - statt der schwerfälligen Kohlekraftwerke besser Gaskraftwerke genutzt werden, die sich je nach Bedarf viel schneller hoch- und runterfahren lassen. Die Rahmenbedingungen für Gaskraftwerke sind nicht so, dass genügend Anlagen errichtet wurden, bedauert Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE). Die geplante Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd um das Teilfeld II hält er einstweilen für notwendig.

Die »Potsdamer Neuesten Nachrichten« meldeten jetzt, das Land Brandenburg erwäge, Vattenfall die Braunkohlesparte für zwei Milliarden Euro abzukaufen. Christoffers habe in seinem Ressort dazu die Bildung einer geheimen Arbeitsgruppe angekündigt.

»Eine Rekommunalisierung von Vattenfall muss dazu genutzt werden, die Braunkohleverstromung sozialverträglich auslaufen zu lassen«, reagierte Günter Jurischka von der Allianz für Welzow. Die Allianz kämpft dagegen, dass der Ortsteil Proschim abgebaggert wird. Und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel erklärte: »Mir scheint, Herr Christoffers ist endgültig tollkühn geworden.«

Doch Ministeriumssprecher Steffen Streu dementierte umgehend: »Es gibt keine geheime Arbeitsgruppe, die Bildung eine solchen Arbeitsgruppe ist auch nicht beabsichtigt und Brandenburg erwägt auch nicht den Kauf der Braunkohlesparte.«

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