Kiew zwischen Blockade und Dialogbemühen

Regierungsgegner räumten Justizministerium / EU, OSZE und NATO in der ukrainischen Krise aktiv

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Appellen auch von Oppositionspolitiker Vitali Klitschko haben radikale Regierungsgegner in Kiew die Besetzung des Justizministeriums beendet.

Kiew. Die Demonstranten hätten das Gebäude des Justizministeriums in Kiew verlassen, hieß es am Montag. Sie blockierten aber weiter den Zugang zu dem Ministerium. Mehrere Dutzend Demonstranten hatten das Gebäude im Zentrum der Hauptstadt seit Sonntagabend besetzt gehalten. Klitschko hatte die Regierungsgegner aufgefordert, »Provokationen« zu unterlassen. Justizministerin Olana Lukasch hatte sogar mit der Verhängung des Ausnahmezustands gedroht.

Die Opposition um Klitschko erklärte sich unterdessen offiziell zu weiteren Gesprächen mit der Führung um Präsident Viktor Janukowitsch bereit. Es gehe darum, weiteres Blutvergießen und eine Eskalation der Lage zu verhindern, teilten Klitschko sowie der ehemalige Parlamentspräsident Arseni Jazenjuk und Nationalistenführer Oleg Tjagnibok mit. Der zuletzt andauernde »Waffenstillstand« auf den Straßen zwischen Sondereinheiten der Polizei und Regierungsgegnern zeige, dass ein Dialog grundsätzlich möglich sei. Beobachter in Kiew deuteten die Erklärung als wichtiges Kompromissangebot der prowestlichen Opposition vor einer Sondersitzung des ukrainischen Parlaments an diesem Dienstag.

Im westukrainischen Gebiet Ternopol hat die Opposition offensichtlich bereits die Macht übernommen. Nach Angaben die ukrainischen Agentur Unian hat das Regionalparlament die Tätigkeit und die Symbole der in Kiew regierenden Partei der Regionen und der Kommunistischen Partei verboten.

Neben der EU bemüht sich auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) um Vermittlung zwischen Regierung und Opposition. Er habe Ministerpräsident Mykola Asarow eine Reihe Vorschläge unterbreitet, »um die Chancen eines Dialogs zu erhöhen und die Gefahr der Gewalt zu reduzieren«, sagte der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter am Montag beim Staatsbesuch in Warschau. Die Schweiz führt derzeit den Vorsitz der OSZE. Die Antwort der ukrainischen Regierung auf das Angebot der Vermittlung »in dieser heiklen Angelegenheit« stehe noch aus, sagte Burkhalter bei einer Pressekonferenz mit dem polnischen Staatschef Bronislaw Komorowski. Der sprach sich ebenfalls für eine Fortsetzung des Dialogs zwischen Regierung und Opposition aus. Es müssten Lösungen gefunden werden, »um das Risiko eines neuerlichen Gewaltausbruchs zu einzudämmen«. Unterdessen wollte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle am Montag erneut nach Kiew fliegen, um die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition voranzubringen.

Die seit Wochen demonstrierenden Regierungsgegner fordern den Rücktritt von Präsident Viktor Janukowitsch und Neuwahlen. Mehrere Gesprächsrunden zwischen dem Staatschef und der Opposition brachten bisher keinen Durchbruch. In den vergangenen Tagen gab es gewaltsame Auseinandersetzungen, mehrere Menschen wurden getötet.

Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen drängt zum Dialog. »Wir fordern die ukrainische Regierung auf, grundlegende demokratische Prinzipien zu respektieren«, sagte Rasmussen am Montag in Brüssel. Die NATO und Kiew arbeiten in einem gemeinsamen Ausschuss eng zusammen, die Ukraine ist auch an den Militäreinsätzen in Afghanistan und Kosovo beteiligt. Agenturen/nd

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