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Verlustprojekt Fehmarnbelttunnel

Verkehrsexperte sieht gravierende Planungsfehler

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Der geplante Tunnel unter dem Fehmarnbelt ist eines der größten laufenden Infrastrukturprojekte in Europa. Es steht offenbar auf einer sehr dünnen finanziellen Grundlage.

In Dänemark sind erste Zweifel am Sinn der geplanten festen Fehmarnbeltquerung zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn laut geworden. In einer Untersuchung für die Wochenzeitung »Weekendavisen« kommt Knud Erik Andersen, ein pensionierter hochrangiger Verkehrsplaner und Vorsitzender der Vereinigung für Transport-Ökonomie, zu einem ernüchternden Ergebnis: Dänische Steuerzahler werden einen hohen Preis für das 17,6 Kilometer lange Tunnelprojekt bezahlen, denn es fehlt eine ausreichende Verkehrsgrundlage. Andersen weist darauf hin, dass die Untersuchungen zur ökonomischen Rentabilität einer festen Fehmarnbeltquerung aus den Jahren 2004 und 2008, also aus Jahren mit euphorischen Erwartungen stetigen Wachstums, stammen. Seither war das Verkehrsaufkommen zwischen Dänemark und Deutschland aber rückläufig. Nicht einmal der Wirtschaftsboom zu Beginn des Jahrtausends habe dieses nennenswert steigern können.

Nach Ansicht Andersens wird der Eisenbahnverkehr der Fehmarnbeltquerung nicht kostendeckend sein und der Kfz-Verkehr nicht ausreichen, die Verluste aufzufangen. Ferner werde in der bisherigen Planung ausgeblendet, dass der Kfz-Verkehr zum Teil bei den Fähren bleiben dürfte. Die Reederei Scandlines hat nämlich angekündigt, mit allen Mitteln um die Zukunft seines goldenen Eis kämpfen und die Mautpreise für den Tunnel unterbieten zu wollen. Der finanzielle Vorteil dürfte nicht nur Autofahrern mit Klaustrophobie entgegenkommen, sondern auch Spediteuren, die ihre Fahrer die vorgeschriebene Ruhepause auf den Fähren abwickeln lassen.

Andersen weist abschließend mit Besorgnis auf das Finanzierungsmodell hin. Tunnelbetreiber soll Femern A/S, eine GmbH in Staatsbesitz, sein. Die zu erwartenden Verluste werden nicht im Staatshaushalt auftauchen, wodurch das reale Bild verfälscht wird. Der Experte befürchtet zudem, dass das Staatsunternehmen nicht den gleichen Effektivitätsforderungen unterworfen wird wie ein Privatunternehmen, da es im Prinzip auf eine unbegrenzte Staatshaftung für Verluste zurückgreifen kann.

Gegen ein solches Modell hat Scandlines für die Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö Klage bei den Wettbewerbsbehörden der EU wegen unerlaubter staatlicher Beihilfe erhoben. Sollte die Klage Erfolg haben, wären die Aussichten für eine feste Fehmarnverbindung äußerst gering.

Um die positiven Erwartungen an das 5,5 Milliarden Euro teure Infrastrukturprojekt zu untermauern, hat die sozialistische Verkehrsministerin Pia Olsen Dyhr jetzt eine Studie über die Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung in Auftrag gegeben. Untersucht werden dabei aber die Auswirkungen der 1998 eröffneten Brückenquerung über den Großen Belt zwischen den dänischen Inseln Seeland und Fünen. Ob hier Schlussfolgerungen auf die Fehmarn-Region gezogen werden können, ist umstritten.

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