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Verweigerter Zugang, Raumtemperatur und ein Irrtum

Urteile zu Mietminderungen

  • Lesedauer: 4 Min.

Über manche Dinge im Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter kann man ja reden. Doch dass ein gemieteter Raum auch tatsächlich betretbar sein sollte, gehört doch zu den Grundvoraussetzungen.

Beim Zugang zu einem gemieteten Raum handelt es sich um eine sogenannte Hauptleistungspflicht. Ist diese nicht gewährleistet, dann kann nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS, der auf einen Spruch des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. I-24 U 4/11) verweist, auch der Anspruch auf den Mietzins erlöschen.

Der Fall: Einem Mieter war der Zugang zu einem gemieteten Raum nicht möglich. Ihm wurde einerseits die Nutzung eines Wirtschaftsweges verweigert, über den er den Raum hätte betreten können. Und er hatte andererseits auch keinen Schlüssel ausgehändigt bekommen. Kurz: Die Immobilie war für ihn komplett nutzlos. Deswegen wollte er auch den Mietzins in Höhe von rund 12 000 Euro im Laufe von zweieinhalb Jahren nicht bezahlen.

Das Urteil: Das OLG Düsseldorf merkte an, dass es zwar grundsätzlich in Mietverhältnissen Situationen geben könne, in denen die Mieter nur zeitweise Zugang zu einem bestimmten Raum haben. So wenn eine Wäschespinne im Garten nur zu gewissen Zeiten genutzt werden dürfe. Doch hier ist es ganz anders. Mit dem Mieter sei eine »vollständige und durchgängige Nutzung des Raumes« vereinbart gewesen - das sei auf keine Weise eingelöst worden.

Die Miete darf um 10 Prozent gemindert werden, sinkt die Raumtemperatur zeitweise unter 20°C, so das Amtsgericht Potsdam (Az. 23 C 236/10).

Gemäß der Feststellungen des im Prozess eingeholten Gutachtens wurde die Mindestraumtemperatur von 20°C an drei der acht aufgezeichneten Tage um 6, 12 und 22 Uhr knapp unterschritten. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die Temperaturen zu anderen Tageszeiten ebenfalls unterschritten wurden, und zwar mit Ausnahme eines Tages an jedem Tag, wobei die tiefste Temperatur etwa 18°C betrug. An einem Tag lag die Temperatur bis 18 Uhr dauerhaft unter 20°C.

Dass die Temperatur teilweise auch über 21°C lag, ändere nichts am Vorliegen eines Mangels. Denn die Vermieterin müsse nicht nur dafür sorgen, dass eine durchschnittliche Temperatur von 20°C erreicht werde, sondern dass diese Temperatur nicht unterschritten wird. Die Unterschreitung der Mindesttemperatur erfolgte nicht nur ganz geringfügig oder kurzzeitig. Denn mehrfach lagen die Temperaturen nur bei 19°C oder weniger. Die Temperaturunterschreitung dauerte häufig auch mehrere Stunden an.

Aufgrund dieser Tatsachen war die Miete nach Ansicht des Amtsgerichts für die streitigen Monate gemäß § 536 Abs. 1 BGB um jeweils 10 Prozent gemindert. Denn wegen der unzureichenden Beheizbarkeit litt die Wohnung an einem Mangel, der ihre Gebrauchstauglichkeit einschränkte. Jedes nicht nur ganz geringfügige oder kurzzeitige Absinken der Raumtemperaturen unter 20 °C begründet einen Mangel.

Befindet sich eine Wohnung nicht in vertragsgemäßem Zustand, hat der Mieter im Prinzip das Recht, seine Zahlungen zu kürzen oder im Extremfall sogar komplett einzustellen. Er muss dabei aber eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen.

Zu diesen Voraussetzungen gehört etwa, den Eigentümer zur Korrektur der Missstände (hier: Feuchtigkeit und Schimmelbildung) aufzufordern. Doch was geschieht eigentlich, wenn der Mieter die Miete mindert, obwohl der Eigentümer gar nicht für den beanstandeten Fehler zuständig war? Die Familie hatte wenig gelüftet, weil mehrere Katzen gehalten wurden, die das Haus nicht verlassen sollten. Außerdem begünstigten zwei Aquarien und ein Terrarium die Schimmelbildung.

Für die Betroffenen ist der Schuss nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS in diesem Fall nach hinten losgegangen. Denn diese Mietminderung ohne entsprechenden Grund hatte zu einer außerordentlichen Kündigung geführt. Weil dieser Fehler »bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt« hätte erkannt werden können, so der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 138/11), sei die Kündigung gerechtfertigt. Deswegen sollte es sich ein Mieter ganz genau überlegen, ob er zu diesem extremen Mittel greift. Er kann, wenn es noch Zweifel gibt, die Miete auch unter Vorbehalt überweisen und eine gerichtliche Klärung der Vorwürfe herbeiführen.

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