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In Marseille lotet eine Tagung die Zukunft selbstverwalteter Betriebe aus

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Der Nordhäuser Fahrradhersteller Strike-Bike machte ab 2005 Schlagzeilen, weil die Beschäftigten den Betrieb in die Selbstverwaltung genommen hatten: Nach einem Konkurs übernahm die Belegschaft eine Fertigungsanlage und produzierte in eigener Regie. Es gab Einheitslohn, die Bänder liefen 40 Prozent langsamer als zuvor unter »normal-kapitalistischen« Bedingungen. Und nicht nur linke Gruppen verfolgten das Nordhäuser Engagement mit großen Hoffnungen. Strike-Bike scheiterte am Ende dennoch.

Andere selbstverwaltete Betriebe hielten länger durch. Mitte der 1980er Jahre wurden allein in der Bundesrepublik bis zu 12 000 selbstverwaltete Betriebe mit bis zu 100 000 Mitarbeitern geschätzt. Auch in Latein- und Südamerika hat die Selbstverwaltung eine Tradition, im Gefolge der Finanzkrise erlebte auch in Europa die Suche nach Alternativen zu den klassischen Eigentumsformen neuen Auftrieb: Betriebe wurden besetzt, als Genossenschaften weitergeführt, Menschen unternahmen selbstbestimmt einen Neuanfang.

Doch wie groß sind die Erfolgsaussichten dieser Ansätze, wenn der Verwertungszwang des Wirtschaftssystems weiter den Takt vorgibt? Welche Erfahrungen wurden mit Selbstverwaltung bereits gemacht? Welche regionalen Unterschiede gibt es? Und welche Bündnispartner braucht es, damit der Traum vom eigenbestimmten Arbeiten nicht zur ökonomischen Wundertüte mit ungewissem Ausgang wird? Am Wochenende treffen sich in Marseille Vertreter selbstverwalteter Betriebe, um darüber zu diskutieren. tos

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