Obamas Rede

INTERNATIONALE PRESSE

  • Lesedauer: 3 Min.

De Volkskrant, Niederlande
Gut für die Wirtschaft

In den letzten Jahren seiner Präsidentschaft will Obama eine Offensive gegen die dramatische Einkommensungleichheit in den USA beginnen. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern es ist auch gut für die Wirtschaft. Die beste Art, der amerikanischen Wirtschaft einen Anstoß zu geben, ist dafür zu sorgen, dass die Menschen mit den geringsten Einkommen mehr Geld zum Ausgeben haben. Zusammen mit seiner Reform des Gesundheitssystems und einer - noch zu erreichenden - Regelung für die Millionen illegaler Einwanderer in den USA muss der Kampf gegen die Ungleichheit Obamas politisches Erbe werden. Alle drei Maßnahmen sind lebenswichtig, aber es ist sehr fraglich, ob das von den Republikanern beherrschte Repräsentantenhaus daran mitarbeiten wird.

New York Times, USA
Empörende Republikaner

Der Widerstand der Republikaner scheint ihn kleiner gemacht zu haben. Er konzentriert sich nun offenbar auf das, was getan werden kann, und nicht auf das, was getan werden sollte. Das ist zwar eine rationale Reaktion auf eine irrationale Opposition, aber gleichzeitig auch eine traurige Anklage an die amerikanische Politik. Sicher, der Präsident hat Fehler gemacht und Misserfolge einstecken müssen. Das passiert jedem mit Führungsverantwortung. Doch es ist unglaublich und empörend, den Republikanern dabei zuzusehen, wie sie die gesamte Regierung ausbremsen, nur weil sie gegen den Präsidenten sind.

Arab News, Saudi-Arabien
Obama in Tippel-Schritten

Einst rüttelte er riesige Menschenmengen mit seinem Ruf nach einem Wechsel auf. Sollte Barack Obama heute immer noch die Welt verändern wollen, so tut er es in Tippel-Schritten. Man würde schon gern wissen, was der Obama von 2008 über das aktuelle Regierungsprogramm denken würde. Zumindest erschien der Präsident bei seiner Rede frischer und lebendiger als der lustlose Anführer, der sich nach einem brutalen Jahr 2013 auf Hawaii verkroch.

El Pais, Spanien
Zurechtgestutzt

Wer Barack Obamas Rede verfolgte, sah fast zwangsläufig einen Mann, der zurechtgestutzt wurde und der seine Ambitionen anpassen musste. Obama wollte sich als politischer Führer präsentieren, der auch ohne den Kongress regieren kann - aber das ist illusorisch. Verordnungen eignen sich nicht als Mittel, größere politische Vorhaben zu verwirklichen. Der US-Präsident hat obendrein ein Glaubwürdigkeitsproblem. Von den politischen Zielen, die er sich in seiner vorigen Rede gesetzt hatte, hat er die meisten nicht erreicht.

Die Presse, Österreich
Verblasste Visionen

Längst ist Barack Obama an die Grenzen der Macht gestoßen, die Visionen sind verblasst, am Horizont dämmert schon das Ende seiner Präsidentschaft. Höchste Zeit also für einen Zwischenspurt, um nicht zu sagen eine Schlussoffensive. Per pen and phone, mit Dekreten und Lobbying, möchte Obama ein Powerplay aufziehen, wie es Reagan oder Clinton in der zweiten Amtszeit vorexerziert haben. In seiner »State-of-the-Union«-Rede, der Regierungserklärung, versprach er ein »Jahr des Handelns« - notfalls ohne Kongress, im Alleingang. Zu lange hat er auf Kooperation gesetzt - und auf Granit gebissen. Obama, zweiter Akt: Der Polit-Philosoph mutiert im Skript zum Action-Helden.

Jyllands-Posten, Dänemark
Zeichen von Schwäche

In einer Demokratie - und besonders in einer Demokratie, die der leuchtende Stern für die Unterdrückten der Welt sein will - ist es ein Zeichen von Schwäche, wenn ein Präsident so offen sagt, dass er den demokratischen Gesetzgebungsprozess umgehen will. Wenn Barack Obama nicht mehr Kompromissbereitschaft zeigt, sondern weiterhin bei seiner selbstgerechten Solo-Performance bleibt, können die restlichen drei Jahre seiner Präsidentschaft als längste Wüstenwanderung der amerikanischen Politik enden. Und die traurige Analyse ist, dass der Fehler im Wesentlichen bei Obama selbst liegt.

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